Unvergessen: Eduard und Johanna Arnhold

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Mit ihrem Mäzenatentum haben Johanna und Eduard Arnhold das kulturelle Berlin entscheidend bereichert. Dieses großzügige Wirken wurde durch die Nationalsozialisten aus dem kollektiven Gedächtnis ausgelöscht. Die SPK fühlt sich der Erinnerung an die Arnholds auf besondere Weise verbunden.

Vom Kohlenhändler zum Kunstfreund

Eduard Arnhold (1849–1925) wurde in Dessau als Sohn eines jüdischen Armenarztes geboren. In Berlin begann er mit 14 Jahren eine Lehre beim Kohlengroßhändler Caesar Wollheim. Schon wenige Jahre war er Inhaber des Unternehmens und als bedeutender Energieversorger auch einer der reichsten und einflussreichsten Männer des Landes. 1881 heiratete er Johanna Arnthal (1859–1929), Tochter einer jüdischen Hamburger Familie.

Gemäß seinem ethischen Leitspruch „Reichtum verpflichtet‟ engagierte sich Arnhold umfassend für Kunst und Gesellschaft und war neben James Simon der bedeutendste Mäzen der damaligen Zeit. Arnhold unterstützte nicht nur den Bau neuer Verkehrswege, Straßenbahnen und Luftschiffe. Er förderte auch die Akademie der Künste und unterstützte mäzenatisch die großen Museen in Berlin und München. So konnte etwa die Gemäldegalerie ihr berühmtestes Werk von Tizian („Venus mit dem Orgelspieler“) dank einer Mitspende Eduard Arnholds erwerben. Der Nationalgalerie schenkte er Max Liebermanns „Landhaus in Hilversum“, sowie gemeinsam mit weiteren Förderern Edouard Manets „Wintergarten“, die Antikensammlung unterstützte er finanziell beim Ankauf der „Thronenden Göttin von Tarent“. 

Ölgemälde einer nackten Frau
Die Staatlichen Museen zu Berlin verdanken viele ihrer Highlights Arnholds Ankaufspenden, so z.B. Tizians „Venus mit dem Orgelspieler“, 1550 – 1552, Gemälde / Öl auf Leinwand © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Jörg P. Anders.
Ölgemälde eines Hauses
Ebenso wie Max Liebermanns „Landhaus in Hilversum“, Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Jörg P. Anders
Ölgemälde zweier Personen in einem Garten
Auch Edouard Manets "Im Wintergarten" (1879) als weltweit erstes impressionistisches Gemälde in Museumsbesitz verdanken wir den Arnholds. Foto: bpk / Nationalgalerie, SMB / image by google
antike Gottheit
Für die Berliner Antikensammlung steuerte Eduard Arnhold 100.000 Mark zum Erwerb der „Thronenden Göttin von Tarent“ bei - und das mitten im Ersten Weltkrieg. Foto: bpk / Antikensammlung, SMB / Johannes Laurentius

Max-Planck-Gesellschaft, Frauenförderung und Kunststipendien 

Arnhold war Mitbegründer der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (heute: Max-Planck-Gesellschaft) und des heute noch aktiven Kaiser-Friedrich-Museumsvereins. Mit seiner Frau errichtete er außerdem das „Johanna-Heim“, das Mädchen und jungen Frauen aus oft mittellosen Verhältnissen Bildungs- und Lebenschancen eröffnete.

Für Kunststipendiat*innen stiftete das Ehepaar die Villa Massimo in Rom, die heute als Deutsche Akademie Rom Villa Massimo die bedeutendste Einrichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Spitzenförderung deutscher Künstler*innen im Ausland ist.

Impressionismus am Kulturforum

Arnhold engagierte sich wie kein anderer für die im deutschen Kaiserreich noch verfemten französischen Impressionisten. Die mit seiner Frau gemeinsam aufgebaute Kunstsammlung galt zu Beginn des 20. Jahrhunderts als wertvollste private Sammlung moderner Kunst in Deutschland, mit Werken etwa von Goya, Manet, Monet, Cézanne, Degas oder Renoir, von Böcklin, Lenbach, Klinger, Feuerbach, Menzel, Leibl, Slevogt, Thoma, Corinth bis zu Lesser Ury – und selbstverständlich auch Werken seines Freundes Max Liebermann. 1898/99 bezogen Johanna und Eduard Arnhold eine Villa in der damaligen Regentenstraße 19, wo sie die Sammlung zeitweilig öffentlich zugänglich machten. Auf dem Grundstück befindet sich heute die Gemäldegalerie.

Ausgelöschte Spuren, vergessene Namen

Johanna und Eduard Arnholds Villa im Tiergartenviertel wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Nationalsozialisten tilgten jede Erinnerung an das Paar. Die schon 1912 an Eduard Arnold erinnernde Arnholdstraße in Berlin-Britz erhielt 1938 im Rahmen von Straßenumbenennungen aus antisemitischen Gründen die neue Bezeichnung Holzmindener Straße. Dieser Name ist bis heute unverändert. Die Sammlung erbte die evangelische Adoptivtochter des Ehepaares Arnhold, Elisabeth, die das Paar 1887 als Vierjährige bei sich aufgenommen hatte. Zahlreiche Werke wurden im Krieg zerstört oder sind verschollen oder aufgrund von Verkäufen zerstreut.

Foto eines Hauses
Die Villa und Galerie Johanna und Eduard Arnholds in der Regentenstraße 19 im ehemaligen Berliner Tiergartenviertel (hier um 1900) war ein Hort der Kunst. © Verein zur Erinnerung an Johanna und Eduard Arnhold e.V.
Innenansicht eines herrschaftlichen Salons
Der Salon der Arnholds mit Gemälden u.a. von Edouard Manet, Alfed Sisley und Claude Monet. © Stephanie von Becker
Innenaufnahme einer herrschaftlichen Galerie
Die Galerie Johanna und Eduard Arnholds, hier der Rote Saal mit Oberlicht. © Archiv Arnhold-Nachfahren
Außenfassade eines Museums mit Plakat
Gemäldegalerie, Eingang Sigismundstraße, Kulturforum, Berlin-Tiergarten. © Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker

Piazzetta am Kulturforum erinnert an Johanna und Eduard Arnhold 

Seit 4. November 2024 trägt der Platz vor dem Eingang zu den Museen am Kulturforum den Namen des Ehepaares Arnhold, am 17. Juli 2025 wurde dort auch eine Gedenkstele enthüllt, die über Leben und Wirken der Arnholds informiert. Der Platz erinnert zugleich an das Engagement vieler weiterer überwiegend jüdischer Menschen im Tiergartenviertel.

Zu ihnen zählten neben anderen die Sammler und Kunstförderer Felice und Carl Bernstein, Oscar Huldschinsky und dessen Sohn Paul Huldschinsky, die Sammler und Kunstmäzene James und Eduard Simon, die Unternehmer und Politiker Emil und Walther Rathenau, die Schauspielerin Tilla Durieux, die Kunsthändler und Verleger Bruno und Paul Cassirer, die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm, der maßgebliche Autor der Weimarer Verfassung Hugo Preuß, das Autorenpaar Julie und Julius Elias, der Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe, der Galerist und Publizist Alfred Flechtheim, der Journalist Theodor Wolff, die Verlegerfamilie Ullstein, der Schriftsteller, Verleger und Kunstförderer Herwarth Walden und die Dichterin Else Lasker-Schüler.

Die Umbenennung der sogenannten Piazzetta in Johanna-und-Eduard-Arnhold-Platz und die Errichtung der Gedenkstele verdankt sich vor allem einer bürgerschaftlichen Initiative, dem „Verein zur Erinnerung an Johanna und Eduard Arnhold e.V.“ die an das zivilgesellschaftliche Engagement des jüdischen Bürgertums in Deutschland und Berlin erinnern möchte und sich gemeinsam mit der SPK um die Umsetzung des Vorhabens gekümmert hat.

Personen ziehen eine weiße Hülle von einem Straßenschild
Neues Straßenschild vor belebtem Platz
Die Piazzetta heißt jetzt Johanna-und-Eduard-Arnhold-Platz. Foto: SPK / photothek / Kira Hofmann
Gedenkstele mit Bild und Text vor einem Museum
Am 17. Juli 2025 wurde eine Gedenkstele enthüllt, die über Leben und Wirken der Arnholds informiert. Foto: Nadja Mau
Infotafel auf Museumsvorplatz
Die Gedenkstele am Eingang der Museen am Kulturforum. Foto: SPK / Louis Killisch

Die Kunstgeschichte(n) des Tiergartenviertels: Wiederentdeckung einer besonderen Nachbarschaft

In der Kunstbibliothek läuft seit 2022 mit Förderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien das Forschungsprojekt „Die Kunstgeschichte(n) des Tiergartenviertels“. Ziel ist es, die seit 1945 weitgehend in Vergessenheit geratene Geschichte des kunstaffinen Viertels rund um das heutige Kulturforum zu rekonstruieren, vorhandene Forschungsergebnisse zusammenzuführen und durch neue Quellenstudien zu ergänzen.

Im Mittelpunkt steht hierbei die glanzvolle Epoche Anfang des 20. Jahrhunderts, als sich das Tiergartenviertel mit seinen kulturellen Netzwerken zu einem Zentrum der Moderne, des Kunsthandels, der Mode, der Fotografie und der Inneneinrichtung entwickelte. Diese einmalige kulturelle Blütezeit wurde durch die Verfolgung, Beraubung und Ermordung der jüdischen Anwohner*innen im Nationalsozialismus nach 1933 beendet, das Viertel im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört.

Ideen für einen Gedenkort

2021 entwarf GRAFT-Gründer und Villa Massimo-Stipendiat (2018/19) Lars Krückeberg einen Gedenkort für das Mäzenatenpaar und das deutsch-jüdische Bürgertum im Tiergartenviertel. Der Entwurf wurde am 17. Juli 2025 im Rahmen der Festivitäten der Villa Massimo zum 100. Todesjahr Eduard Arnholds im Kulturforum am Johanna-und-Eduard-Arnhold-Platz gezeigt. 

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