Das Kulturforum gehört auf den ersten Blick nicht zu den grünen Inseln Berlins. An einem besonderen Event-Tag laden die Anrainer nun ein, die grüne Seite des Areals kennen zu lernen – mit Konzerten, Lesungen, Ausstellungen und mehr.
Auch wenn das Kulturforum bis heute seine städtebaulichen Schwierigkeiten hat, so ist es doch ein Ort mit einer faszinierenden Geschichte und einigen der spannendsten architektonischen Ensembles in Berlin. Doch eines vermutet man hier sicher nicht: grüne Gärten.
Neue Nationalgalerie, Skulpturengarten © Ludwig Mies van der Rohe / VG Bild-Kunst, Bonn 2021 / Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker
Dabei verfügt das prominente Architekturensemble, das einst als grüne Brücke in den Tiergarten gedacht war, über fünf Gärten, die zwar wenig bekannt, aber dafür echte städtebauliche Kleinode sind: Den „Philharmonischen Garten“ der Philharmonie und des Staatlichen Instituts für Musikforschung, den „Lesegarten“ der Staatsbibliothek, den „Skulpturengarten“ der Neuen Nationalgalerie, die Innengärten des Kunstgewerbemuseums und den Matthäikirchplatz vor der St. Matthäus-Kirche. Im Rahmen des Berliner Kultursommerfestivals öffnen sich diese grünen Oasen inmitten der Betonlandschaft nun einen Tag lang mit einem Programm für alle.
Unter dem Titel „EIN TAG IM GRÜNEN. Die unentdeckten Gärten des Kulturforums“ laden die Anrainer am 4. September 2022 von 12 bis 22 Uhr – dem eintrittsfreien Museumssonntag – zu Konzerten, Performances, Lesungen, Führungen, einem Gottesdienst und einer Tafel unter freiem Himmel ein.
Für die Ohren wird einiges geboten, unter anderem gibt es einen musikalischen Spaziergang durch den Philharmonischen Garten und der Vokalhelden Jugendchor singt Songs von Billie Eilish und Manu Chao (12–14 Uhr) und im Skulpturengarten der Neuen Nationalgalerie findet ein Konzert der Reihe „Sounds in the Garden“ statt: Die Band DEEP GOLD spielt Musik aus dem gleichnamigen Film von Julian Rosefeldt und Stücke aus der Produktion “Oben & Unten“ (1929) von Kurt Schwitters (16–17:30 Uhr).
Auch in den Innengärten des Kunstgewerbemuseums erwartet die Besucher*innen eine interessante Klanginstallation: Mit akustischen Instrumenten und digitaler Elektronik schafft der Künstler Arnold Dreyblatt in seiner Performance „Transmissions“ eine immersive Klangumgebung für den großen Innengarten des Museums, der nach über 30 Jahren erstmalig wieder für das Publikum geöffnet ist (14–16 Uhr). „Die Innengärten des Kunstgewerbemuseums sind etwas sehr Besonderes, weil sie sich in das ursprüngliche Gesamtkonzept des Architekten Rolf Gutbrod einfügen, nämlich die Architektur als Landschaft aufzufassen“, erklärt Kuratorin Claudia Banz. Dem Architekten des Kunstgewerbemuseums sei es darum gegangen, fließende Räume des Innen und Außen miteinander zu verschmelzen. „Es ist eine großartige Chance, dass wir jetzt im Rahmen dieses schönen Kooperationsprojektes endlich einmal unseren großen Innenhof bespielen können“, so Banz.
In der Kunstbibliothek erwartet Besuchende mit „Gärten inspirieren“ eine Pop-Up Ausstellung mit Architektur, Mode und Grafikdesign aus den Museumssammlungen der Kunstbibliothek (16–18 Uhr). Die Kuratorinnen sind ebenfalls vor Ort und stehen für Gespräche bereit.
Die Staatsbibliothek lädt derweil ein, „Mit Hoffmann in den Lesegarten“ zu kommen und bietet anlässlich des 200. Todestages von E.T.A. Hoffmann ein umfangreiches Jubiläumsprogramm. Begleitend zur Ausstellung „Unheimlich fantastisch“ (vom 17.8.-2.11.22 im Stabi Kulturwerk) liest Felix von Manteuffel Ausschnitte aus einigen der schönsten Hoffmann-Texte: Ritter Gluck, Eine Spukgeschichte und viele mehr. Dazu gibt es Berliner Musik auf der Drehorgel mit Jörg Joachim Riehle (15–17 Uhr).
In der Kunstbibliothek erwartet Besuchende mit „Gärten inspirieren“ eine Pop-Up Ausstellung mit Architektur, Mode und Grafikdesign aus den Museumssammlungen der Kunstbibliothek (16–18 Uhr). Die Kuratorinnen sind ebenfalls vor Ort und stehen für Gespräche bereit.
Gesprächig ist auch Dagmar Korbacher, die Direktorin des Kupferstichkabinetts, in der Führung „Holzschnitt. Die Kunst, die aus dem Garten kam“ (16–18 Uhr). „Das Material, mit dem viele Holzschnitte hergestellt werden, kommt aus dem Garten“, erklärt die Kunsthistorikerin, „denn tatsächlich wurden für die Herstellung des Druckstocks oft Obsthölzer verwendet – und Obstbäume wachsen ja oft in Gärten.“ Darüber hinaus will Dagmar Korbacher in ihrer Führung durch die Ausstellung auch speziell auf Gartenmotive eingehen, wie sie versichert: „Wir haben beispielsweise eine kleine Truhe, auf der sich Gartenmotive befinden, ein Glückwunschblatt mit dem Jesuskind auf einer Wiese oder florale Tapetenentwürfe, mit denen man sich den Garten quasi ins Haus holen konnte.“
In der Gemäldegalerie laden ebenfalls Führungen dazu ein, nach Gärten und Landschaften in den Werken der Sammlung zu fahnden (12–18 Uhr). „Es gibt in der Zeit vom frühen 14. bis frühen 16. Jahrhundert eigentlich keine Darstellungen von Gärten im engeren Sinne“, sagt Kurator Stefan Kemperdick, der die Führung machen wird. „Allerdings haben wir durchaus Darstellungen von lieblichen Landschaften oder paradiesischen Gefilden, die in dieser Zeit oft als Szenerie für Heilige und biblische Figuren genutzt werden.“ Oft haben diese Landschaften auch eine symbolische Bedeutung oder sind Teil wiederkehrender Motive wie der Jungfrau Maria im Garten, wie der Kunsthistoriker weiter erklärt. Freund*innen der Alten Meister werden hier sicher das eine oder andere überraschende Detail entdecken können.
Wer von all den Angeboten in den Gärten des Kulturforums hungrig geworden ist, der kann ab 16 Uhr in die Sigismundstraße kommen, wo alle Häuser des Kulturforums gemeinsam eine „Tafel im Grünen“ decken werden. Die ganze Sigismundstraße wird dafür gesperrt – und alle sind eingeladen, am langen Tisch bei Kuchen und Currywurst (gratis!) ins Gespräch zu kommen und den Tag Revue passieren zu lassen. Die Tafel wird großzügig finanziell unterstützt von den Kulturprojekten Berlin.
Den Tag beschließt dann ein ganz besonderes Event in der Neuen Nationalgalerie. Ab 20:30 Uhr wird der renommierte Jazz-Trompeter Till Brönner, begleitet von Rainer Böhm am Klavier, in der oberen Halle des Museums „Improvisations on Mies“ spielen.
Eine Kooperation der Anrainer im Kulturforum. Das Kultursommerfestival ist ein Teil von DRAUSSENSTADT und wird unterstützt durch die Kulturprojekte Berlin.