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Gemeinsam stärker: Internationale Kooperation zu Provenienzen von Asiatika

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SPK und Smithsonian Institute widmen sich seit 2020 gemeinsam der Provenienzforschung zu Asiatischen Sammlungen. Bei einem Symposium in Washington trafen sich nun rund 150 Expert*innen aus aller Welt.  Eine kooperative Datenbank soll künftig die digitale Infrastruktur für gemeinsame Forschung und dauerhaften Austausch schaffen.

Spezialist*innen aus Österreich, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, USA, Slowenien, Indien und Australien kamen zu einem mehrtägigen Symposium in Washington zusammen, um über ihre Forschung zu sprechen. In verschiedenen Panels stellten sie ihre Forschungsergebnisse vor. Dabei ging es um die Kontexte der historischen Translokationen und Mechanismen des Kunstmarktes für Asiatika, Forschungsmethoden, Fragen rund um Repatriierung, aber auch die Darstellung von Provenienzen in den verschiedenen Museen mit asiatischer Kunst.

Dass die SPK und das Smithsonian Institute sich hier federführend engagieren, liegt auch an ihrer Bedeutung im internationalen Kontext. Die beiden Einrichtungen sind die größten Museums- und Forschungskomplexe der Welt. Außerdem befinden sich beide Institutionen in Ländern, deren Geschichten eng mit dem globalen Imperialismus verwoben sind und deren Sammlungen diese Geschichte verkörpern und weitergeben. Zudem verfügen beide Einrichtungen über umfassende Sammlungen Asiatischer Kulturgüter, die bereits in dem Feld aktiv sind.

Wir alle müssen wissen, woher die von uns verwalteten Objekte stammen

Aus der Begrüßung von Jo Gohmann und Christine Howald

Porträt einer Frau

Seit 2020 arbeiten die SPK und das Smithsonian Institute gemeinsam daran, die Provenienzen Asiatischer Sammlungen auf internationaler Ebene aufzuarbeiten. Bei einem Symposium in Washington ging es zuletzt darum, das globale Forschungsnetzwerk weiter auszubauen. Christine Howald (Stellvertretende Direktorin Zentralarchiv, Staatliche Museen zu Berlin) ist Projektleitung auf Seiten der SPK.

Foto: © Phil Dera

Provenienzforschung von SPK und Smithsonian – Kooperation seit 2017

Stiftungspräsident Hermann Parzinger und Chase Robinson, der Direktor des zum Smithsonian Institute gehörenden National Museum of Asian Art, sprachen einleitende Worte zu dem Symposium. Beide betonten, welchen Stellenwert Provenienzforschung in ihren jeweiligen Institutionen hat.

Wichtig sei aber auch die öffentliche Präsentation der Ergebnisse für das Publikum: Im Washingtoner Museum erläutert etwa seit 2022 eine Installation die verschiedenen Netzwerke, über die die asiatische Kunst für das Museum erworben wurde. In der SPK ist das Team der Provenienzforscher*innen mittlerweile auf acht Personen angewachsen, von denen eine sich speziell dem Feld der Provenienzen asiatischer Kunst widmet.

Christine Howald, die stellvertretende Direktorin des Zentralarchivs der Staatlichen Museen zu Berlin, hat sich als eine der ersten Provenienzforscherinnen weltweit überhaupt auf Asiatika spezialisiert. Sie war bereits Teilnehmerin an dem dreijährigen Austauschprogramm PREP für Provenienzforscher*innen, das SPK und Smithsonian Institute 2017 starteten.

Darauf aufbauend organisierte sie mit Joanne Grohman eine gemeinsame Webinar-Reihe zu den verschiedenen versteckten Netzwerken asiatischer Kunst. ‘Hidden networks: The trade of Asian Art’ legte den Grundstein für die Vernetzung der internationalen Spezialist:innengemeinschaft, die sich nun erstmals live zusammenfand.

Zwei Personen vor einer Leinwand auf der Bühne
Eröffnung des Symposiums im November 2023. Foto: National Museum of Asian Art, Smithsonian Institution
Mann spricht auf Bühne
Hermann Parzinger (SPK Präsident) bei der Eröffnung. Foto: National Museum of Asian Art, Smithsonian Institution
Podiumsdiskussion
Podiumsdiskussion im November 2023. Foto: National Museum of Asian Art, Smithsonian Institution
Frau spricht in Mikrofon, vor ihr ein Laptop
Christine Howald in Washington D.C. 2023. Foto: National Museum of Asian Art, Smithsonian Institution

Gemeinsam schneller forschen

„Es hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass sich die einzelnen Player in dem Forschungsfeld – von Forscher*innen über Aktivisten bis zu Vertreter:innen der Herkunftsländer – kennen, vernetzen, und zusammenarbeiten. Provenienzforschung ist oft kompliziert und langwierig. Gemeinsam können wir deutlich effizienter und rascher Ergebnisse erzielen“, fasst Christine Howald ihre Eindrücke zusammen.

In Workshops arbeiteten die Teilnehmenden zu Netzwerken und Austauschplattformen. So wurde ein weiterer Schritt hin zu einer digitalen Forschungsinfrastruktur zum Thema getan, die in den nächsten Jahren entstehen soll.

Gruppe beugt sich über Tisch
Workshop im November 2023. Foto: National Museum of Asian Art, Smithsonian Institution
Diskussion auf Podium vor Publikum
Workshop bei der Konferenz im November 2023. Foto: Christine Howald
Museumsfassade
Smithsonian Freer Gallery of Art. Foto: Christine Howald

Weltweite Debatten

„Bisher haben sich die meisten internationalen Kooperationen und Austausche in der Provenienzforschung auf das afrikanische Kulturerbe konzentriert“, erklärt Howald weiter, „das Symposium hat die Diskussion nun erweitert und betont, dass auch Asien seit langem kolonialisiert und ausgebeutet wird.“

Diese Entwicklung kommt in einer Zeit, in der die Länder Asiens in der Debatte um kulturelles Erbe und dessen Schutz zunehmend selbstbewusst auf den Plan treten und sich engagieren. Es gibt bereits eine Menge globaler Initiativen, die die Herkunft asiatischer Kunst hervorheben. Zu den bedeutendsten zählen etwa die G20 Culture Working Group 2023, die in Indien tagt, die Antiquities Coalition, die gemeinsam mit der Association of Southeast Asian Nations in Kambodscha tagt, das kambodschanische Restitution Team sowie "Bürgeraktivisten"-Gruppen wie Lost Arts of Nepal und India Pride Project.

Auch das öffentliche Programm des Symposiums legte einen besonderen Schwerpunkt auf Kambodscha, wo das Kulturministerium sich darum bemüht, illegal in den Westen verkauftes Kulturgut zu identifizieren und zurückzufordern. Mitglieder des kambodschanischen Teams erläuterten, wie sie forschen, welchen Herausforderungen sie gegenüberstehen und welche Erfolge bereits erzielt werden konnten.

„Es gibt noch viele offene Fragen, die wir im Symposium bereits angehen konnten, die wir aber weiter verfolgen wollen“, resümiert Christine Howald. Dabei geht es zum Beispiel um die Rückgabe von Objekten, aber auch darum, wie die komplexen Zusammenhänge in der Provenienzforschung, die oftmals dazu führen, dass Aufklärungsprozesse sehr lange dauern, noch besser vermittelt werden können.

Darüber hinaus beschäftigt die Forschenden weiterhin die Frage, wie die Stimmen aus den Herkunftsgesellschaften besser berücksichtigt und eingebunden werden können. Es gibt also noch eine Menge zu tun und die Arbeit der Forschenden befindet sich an vielen Stellen erst ganz am Anfang. Das Symposium war eine wichtige Weichenstellung für den weiteren Weg in Richtung eines gerechteren Umgangs mit dem globalen Kulturerbe.

Museumsraum
Ausstellungsansicht des Moduls „Kunst und Kult. Sakrale Kunst in China und Japan“ des Museums für Asiatische Kunst im Humboldt Forum. Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Asiatische Kunst / Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Foto: Alexander Schippel
Museumsraum
Ausstellunsansicht des Moduls „Das höfische Indien“ des Museums für Asiatische Kunst im Humboldt Forum. Foto. Alexander Gorlizki / Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Asiatische Kunst / Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Foto: Alexander Schippel
Museumsraum
Ausstellungsansicht der „ostasiatischen Studiensammlung“ (rechts) und des Moduls „Künstler und Kenner. Chinesische Kunst im Kontext“ des Museums für Asiatische Kunst im Humboldt Forum. Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Asiatische Kunst / Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Foto: Alexander Schippel
Gebäudefassade am Fluss, dahinter Dom
Blick auf die Ostfassade des Humboldt Forums im Berliner Schloss und den Berliner Dom © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / Alexander Schippel

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