Zum Artikel „Das Museum der Moderne ‚berlin modern‘ kann zu einem Leuchtturm der Nachhaltigkeit werden“

Das Museum der Moderne „berlin modern“ kann zu einem Leuchtturm der Nachhaltigkeit werden

Artikel

Lesezeit: ca.  min

UBA-Chef Dirk Messner über den überarbeiteten Entwurf von Herzog & de Meuron und die Vision eines grünen Kulturforums

„berlin modern“, das neue Haus der Nationalgalerie am Kulturforum hatte sich immer wieder heftiger Kritik zu erwehren. Zuletzt wurde es im Feuilleton als „Mahnmal aus dem fossilen Zeitalter“ tituliert und als „Klimakiller“ gebrandmarkt. Nachhaltig sei nichts an dem Entwurf von Herzog & de Meuron, hieß es in den Medien. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat nun knapp zehn Millionen Euro freigegeben, um das Gebäude nachzurüsten. Ist das in Ihren Augen gelungen? Lässt sich die Klimabilanz verbessern?

Dirk Messner: „berlin modern“ wurde vor Jahren geplant. Die Energiebilanz des Gebäudes entsprach den damaligen Standards. Die Ampel-Regierung hat sich deutlich anspruchsvollere Klimaziele gesetzt, auch im Gebäudebereich, und will den Klimaschutz ambitioniert beschleunigen. Wir wollen 2045 klimaneutral sein. Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat daher direkt nach Amtsbeginn darauf gedrängt, das Museumsgebäude so umzusetzen, dass es möglichst klimaschonend gebaut und den Standards von morgen angenähert wird. Vieles wurde umgeplant: Photovoltaik auf dem Dach, weniger Beton und Stahl auf Grundlage der Optimierung des gesamten Tragwerks, Recycling-Beton und Recyclingwertstoffe werden eingesetzt, intelligentere Wärme- und Kühlungskonzepte umgesetzt, Strategien zirkulären Bauens sollen für effizientere Ressourcennutzung sorgen. Diese Umplanungen sind anspruchsvoll und zugleich sind sie ein Sinnbild dessen, was auf vielen Baustellen im ganzen Land stattfindet oder stattfinden sollte. Wir wollen die Bauwende schaffen! „berlin modern“ nimmt diese Herausforderung ernst. Es wird umgesteuert. Die Transformation zur Nachhaltigkeit beginnt nicht im Wolkenkuckucksheim, sondern dort, wo man steht. Es ist gut, dass BKM, SPK und die Neue Nationalgalerie diesen Prozess transparent machen. Das Museum kann so zu einem Leuchtturm der Transformation zur Nachhaltigkeit werden.

Zum Artikel „Das Museum der Moderne ‚berlin modern‘ kann zu einem Leuchtturm der Nachhaltigkeit werden“

Prof. Dr. Dirk Messner ist in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz kein Unbekannter. Der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA) leitet mit großer Leidenschaft den Wissenschaftlichen Beirat des Ibero-Amerikanischen Instituts und ist ein geschätzter Ratgeber in Sachen internationaler Nachhaltigkeit. Seine Expertise war gefragt, als es darum ging, den überarbeiteten Entwurf für „berlin modern“, das neue Haus der Nationalgalerie, zu bewerten. Wir fragen ihn nach seinen Eindrücken.

Foto: Susanne Kambor / Umweltbundesamt

Das neue Museum soll nicht nur energieeffizienter, sondern auch grüner im wörtlichen Sinne werden. Wie bewerten Sie Klaus Biesenbachs Vision vom grünen Kulturforum?

Messner: Das ist eine großartige Idee! Das Kulturforum ist wirklich eine unwirtliche Betonwüste. Den Bau von „berlin modern“ zu nutzen, um das gesamte Areal zu begrünen, den Tiergarten förmlich „hinüberzuziehen“, könnte einen neuen attraktiven, lebendigen, urbanen, kulturellen Anziehungs- und Begegnungsort in Berlin schaffen. Wenn einerseits der Klimaschutz im Gebäude verbessert wird, die Klimaanpassung durch Begrünung des Forums klug in die Wege geleitet wird, Lebensqualität und urbane Lebendigkeit garantiert werden, dann wird das Kulturforum künftig mehr sein als das Ensemble herausragender Kultureinrichtungen. Wir brauchen Orte, an denen die Transformation zur Nachhaltigkeit auch zu spüren ist.
 
Was lässt sich für künftige Kulturbauten aus dem aktuellen Fall lernen?

Messner: Ab sofort müssen neue Kulturbauten grundsätzlich auf das Ziel der Klimaneutralität hin ausgerichtet werden. Nicht mehr umplanen, sondern Bauen klimaneutral revolutionieren – darum geht es zukünftig. Denn Null-Emissionen bedeutet, dass alle Gebäude, Unternehmen, Mobilitätssysteme, die Energieversorgung klimaneutral organisiert werden müssen. Es gibt noch zwei weitere klimarelevante Herausforderungen für den Kultursektor: erstens müssen die bestehende Kulturbauten nach und nach Richtung Klimaneutralität saniert werden. Zweitens müssen im Kulturbetrieb selbst Emissionen umfassend gesenkt werden: Das gilt für Konzerte, Theateraufführungen, Anfahrtswege zu den Kultureinrichtungen, Catering. Wenn wir das in Deutschland beherzt angehen, können wir starke Beiträge zum ‚Europäischen Bauhaus‘ leisten, einer Initiative der EU-Kommission, um unsere Städte und den ‚European Green Deal‘ zusammenzuführen. Kommissionspräsidentin Ursula Leyen nennt das ‚Europäische Bauhaus‘ die ‚kulturelle Seele‘ des Übergangs zur Nachhaltigkeit.


Weitere Artikel zum Thema