Zum Artikel „`Klappe, die erste…´ - Wenn das Museum zum Drehort wird"

„Klappe, die erste…“Wenn das Museum zum Drehort wird

Artikel

Lesezeit: ca.  min

Die Einrichtungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, insbesondere der Staatlichen Museen zu Berlin, begeistern nicht nur Besucher*innen jeden Tag aufs Neue, sie werden auch als Kulisse für eine Vielzahl von Dreharbeiten genutzt. Konstanze Hausstätter, Mitarbeiterin im Referat Presse, Kommunikation, Sponsoring, begleitet wissenschaftliche Veranstaltungen und erteilt Foto- und Drehgenehmigungen außerhalb der aktuellen Berichterstattung. Im Interview gibt sie einen Einblick in ihre Arbeit.

„War das nicht in…?“ oder „Lief sie nicht eben durch…?“ Diese Fragen kennen alle, die ab und an ins Kino gehen, fernsehen oder streamen. In Beiträgen oder Filmen entdeckt man immer wieder bekannte Orte – auch aus den Staatlichen Museen zu Berlin. Doch wie läuft eine Film- oder Videoproduktion im Museum ab?

Grundsätzlich geht es bei der Bearbeitung von Drehanfragen an die Staatlichen Museen zu Berlin um die Unterscheidung zwischen kommerziellen und redaktionellen Produktionen. Für kommerzielle Dreh- und Fotoaufnahmen – am bekanntesten sind hier natürlich die Filmproduktionen wie zuletzt Tár (2023) mit Cate Blanchett – ist die Nutzung kostenpflichtig. Hier ist die Veranstaltungsgesellschaft der Staatlichen Museen zu Berlin Museum & Location zuständig.

Foto- und Filmaufnahmen zur allgemeinen sowie aktuellen Berichterstattung über die Themen und Ausstellungen, Gebäude, Sammlungen und Arbeitsbereiche der Staatlichen Museen zu Berlin verantwortet das Referat Presse, Kommunikation, Sponsoring. Hier arbeitet auch Konstanze Hausstätter.

 

Die Staatlichen Museen zu Berlin unterscheiden ja grundsätzlich zwischen aktueller Berichterstattung, die die Sonderausstellungen und aktuelle Themen behandeln, und der nicht aktuellen Berichterstattung. Wo sind Sie die richtige Ansprechpartnerin?

Konstanze Hausstätter: Ich bin zuständig für Film-, Foto- und Audioaufnahmen für gewerbliche Zwecke, Bildungszwecke oder im Kontext künstlerischer Projekte. Das reicht von wissenschaftlichen Anfragen über Studierendenarbeiten bis zu Anfragen von Fotograf*innen, Maler*innen etc. Kommerzielle Anfragen für Werbung oder Spielfilmproduktionen landen zum Teil auch bei mir, aufgrund des Aufwands und weil in solchen Fällen Gebühren erhoben werden, leite ich sie aber an Museum & Location weiter.

Auf welchen Wegen kommen die Redaktionen/Autor*innen auf die SMB zu?

Das ist unterschiedlich: per Telefon oder Mail direkt an unser Referat, auch über den Infoservice oder manchmal auch über die Sammlung. Idealerweise kommen sie gleich über das Formular auf der Website, in dem neben dem Inhalt und der Verbreitung schon die wichtigsten Eckpunkte abgefragt werden, wie Teamgröße, Dauer oder Equipment.

Bieten Sie auch Beratung bei der Suche nach dem perfekten Drehort für eine Dokumentation an, z.B. „Wir suchen etwas für einen Beitrag über antike Münzen“?

Ich nehme eine erste Einordnung vor, was wo ausgestellt ist, welche Sammlungsinhalte vorhanden sind und auch, was denkbar wäre und zugänglich ist. Das umfasst auch die Frage nach Ansprechpartner*innen für Interviews und deren besondere Expertisen. Manchmal verweise ich dann auch an andere Einrichtungen, die geeigneter oder spezialisierter sind.

Ich sehe mich in der Rolle als Vermittlerin und als Schnittstelle zwischen den Anfragenden und unseren Sammlungen. Die inhaltliche Expertise liegt bei den Sammlungen. Zum Beispiel beim Spielfilm Ich bin dein Mensch (2021) kam der erste Kontakt über Mitarbeiter*innen des Vorderasiatischen Museums zustande, die die Filmemacher*innen im Vorfeld beraten hatten. Die Realisierung der Aufnahmen einzelner Szenen des Spielfilms wurden durch Museum & Location organisiert, eine nachträgliche Podiumsdiskussion der Max-Planck-Gesellschaft, die vor dem Markttor von Milet aufgenommen wurde, habe dann wieder ich organisiert.

Mann steht vor antikem Portal
Schauspieler Dan Stevens in der Rolle von Tom im Pergamonmuseum ("Ich bin Dein Mensch", 2021). © Christine Fenzl
Drei Personen vor antikem Portal, redend.
Regisseurin Maria Schrader (r.) mit den beiden Hauptdarsteller*innen Maren Eggert (l.) und Dan Stevens bei den Dreharbeiten zu "Ich bin Dein Mensch" im Millet-Saal des Pergamon-Museums. © Christine Fenzl
Filmteam vor antikem Gebäude
Filmteam von "Ich bin Dein Mensch" (2021) vor dem Ischtar-Tor. © LETTERBOX FILMPRODUKTION GMBH / Staatliche Museen zu Berlin, Vorderasiatisches Museum / Juliane Eule
Mann berührt antike Büste
Thema einer ARTE-Dokumentation: die Flora-Büste, Bode-Museum, Restaurierungsabteilung, Staatliche Museen zu Berlin. © Leif Karpe
Antike Büste einer Frau
Gehört zu den beliebtesten Motiven: Büste der Nofretete, Ägypten, Tell el-Amarna, Neues Reich, 18. Dynastie, um 1351–1334 v. Chr., Schenkung von James Simon. © Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung / Sandra Steiß

Wie läuft der Entscheidungs- und Begleitprozess für eine Drehanfrage ab?

Nach dem Erhalt des Online-Formulars kläre ich offene Fragen und wäge die Realisierung innerhalb oder außerhalb der Öffnungszeiten ab. Dann geht die Anfrage zum Einverständnis an die jeweiligen Direktor*innen. Es werden ggf. Interviewpartner*innen aus der Sammlung oder die wissenschaftliche Begleitung zu bestimmten Objekten und in Depots geklärt.

Wenn in Ausstellungsbereichen gedreht werden soll, muss wegen des Equipments oder der Teamgröße oder auch, wenn die Aufnahmen außerhalb der Öffnungszeiten stattfinden, Aufsichtspersonal bestellt werden. Die Kosten dafür muss die Produktionsfirma, also der*die Antragsteller*in, übernehmen. Zum Abschluss meiner Arbeit versende ich die Genehmigung mit den Richtlinien zum Einsatz von Equipment. Damit wird auch das Referat Sicherheit abschließend informiert.

Manche Anfragen können noch am selben Tag erledigt und genehmigt werden, bei manchen Produktionen beträgt der Vorlauf wegen der Rechercheprozesse mehrere Monate oder verzögert sich durch äußere Einflüsse, weil beispielsweise ein*e Interviewpartner*in nicht anreisen kann. Mal ist nur ein bestimmtes Objekt im Fokus, mal wird ein Haus angefragt, in dem, wie beim Pergamonmuseum, drei Sammlungen beteiligt sind und die Anfrage mit allen abzustimmen ist.

Haben die SMB auch „Stammkund*innen“ im Sinne von regelmäßigen Drehs in den Häusern?

Ja, die gibt es auf jeden Fall: unterschiedliche Produktionen für Terra X sind regelmäßige Anfragen. Zuletzt wurden ein Mehrteiler über Ägypten oder die Doku Uhrwerk des Lebens gedreht. Wiederholt hatten wir auch Anfragen zu Dokumentationen für arte, so zu Mantegna und Bellini oder zur Büste der Flora.

Auch während Corona und der Schließung unserer Museen konnten Film- und Fotoaufnahmen ermöglicht werden und so auch Künstler*innen die Möglichkeit gegeben werden, Videos zu drehen für einen virtuellen Auftritt, beispielsweis Weihnachtslieder vom rbb, kurze musikalische Interventionen des Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin oder Studierendenfilme für Bewerbungen zu Festivals.

Wie gehen die SMB mit rein digitalen Vermittlungsangeboten um, also wenn z.B. ein*e Youtube-Influencer*in ein Handyvideo über Alte Meister drehen will?

Das ist eine Einzelfallentscheidung. Wenn die Inhalte des Museums und deren Vermittlung im Vordergrund stehen und der Dreh ohne großes Equipment umgesetzt werden kann, wird das in der Regel unkompliziert genehmigt. Wenn hingegen ein*e Influencer*in ein Museum primär als Kulisse nutzen möchte, fällt das eher unter kommerzielle Nutzung und geht an Museum&Location.

Was sind die beliebtesten Motive der SMB und was besondere Schwierigkeiten bei der Motivfindung?

Die Nofretete zählt auf jeden Fall zu den beliebtesten Motiven für Künstler*innen und für wissenschaftliche Anfragen. Aber auch das Bode-Museum ist interessant für Studierende von Mode oder Film sowie Tänzer*innen und Musiker*innen.

Eine Besonderheit ist die Neue Nationalgalerie mit den Rechten der ausgestellten Künstler*innen sowie der Architektur Mies van der Rohes. So wurden bereits manche Anfragen nach Rücksprache mit der VG Bild-Kunst zurückgezogen: Auf die Verwertungsrechte haben wir keinen Einfluss.

Welche Aufnahmen/Produktionen bleiben Ihnen als zuständige Mitarbeiterin der SMB und welche als Fernsehzuschauerin in guter Erinnerung?

Es ist toll, wenn man vertraute Häuser, Ausstellungen oder Kolleg*innen sieht, ob als Location bei großen Kinofilmen wie Tár oder als Expert*innen, wie beispielsweise Matthias Wemhoff (Direktor Museum für Vor- und Frühgeschichte) zu besonderen Exponaten.

Manchmal sind es auch kleine Produktionen, über die man sich besonders freut, beispielsweise als einmal ein Fünftklässler ein Video im Alten Museum zu Julius Cäsar gedreht hat. Es war seine eigene Idee!

Und dann erinnert man sich auch an einzelne Persönlichkeiten, wie den sehr freundlichen Umgang mit Elke Büdenbender, als eine Dokumentation über sie nach dem Amtsantritt von Bundespräsident Steinmeier auf ihren Wunsch hin unter anderem auch im Neuen Museum gedreht wurde.


Weitere Artikel zum Thema