Am 3. Oktober 2020 wurden in vier Museen der Museumsinsel Berlin Ausstellungsstücke mit einer öligen Flüssigkeit verunreinigt. SPK-Präsident Hermann Parzinger sagte dazu, er fühle, dass ein Stück weit das Bewusstsein verloren gegangen sei – dafür, welchen Wert kulturelles Erbe, Kulturschätze und Museumssammlungen wirklich hätten, und dass man so etwas nicht einfach willkürlich zerstöre. Das Landeskriminalamt Berlin steht nun vor der Herausforderung, den oder die Täter*innen zu fassen. Kriminaldirektor Carsten Pfohl, Leiter des für Kunstdelikte zuständigen Dezernates des Landeskriminalamtes Berlin, berichtet im Interview, wie man an einen solchen ungewöhnlichen Fall herangeht, der als der größte Anschlag auf antike Kunst in der Geschichte Nachkriegsdeutschlands bezeichnet wird.
Der Vandalismus in vier Museen der Museumsinsel Berlin nahm am 3. Oktober 2020 ungeahnte Ausmaße an. Wie gehen Sie einen solchen ungewöhnlichen Fall an?
Carsten Pfohl: Die Ermittlungen zu den Sachbeschädigungen auf der Museumsinsel unterscheiden sich in der Herangehensweise nicht von den Ermittlungen in anderen herausragenden Fällen. Zunächst werden der Sachverhalt erhoben sowie alle Spuren und Erkenntnisse gesichert, die beweiserheblich sein könnten. Dies umfasst in diesem Fall u. a. die Spurensicherung an den beschädigten Objekten, die Sicherstellung von Videoaufnahmen oder Ähnlichem sowie die Befragung aller potenziellen Zeugen. Es erfolgt sodann eine Auswertung aller erhobenen Daten, um Täteranhalte zu gewinnen.
Museumsdirektorin Friederike Seyfried zeigt der Presse im Neuen Museum die Flecken an verschiedenen Objekten © SPK / Stefan Müchler
Haben Sie schon einmal vergleichbare Fälle erlebt?
Pfohl: Nein, eine Tat dieses Ausmaßes hatte die Polizei Berlin noch nicht zu verzeichnen. In der Geschichte gibt es jedoch immer wieder aus den unterschiedlichsten Motiven heraus Sachbeschädigungen bis hin zur vollständigen Zerstörung von Kulturgütern und Kunstwerken.
Es stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit der Sicherheit von Museen gegenüber der Zugänglichkeit für Besucher. Wie schätzen Sie ein angemessenes Verhältnis der beiden Aspekte ein?
Pfohl: Ein Museum lebt von der Zugänglichkeit der ausgestellten Exponate. Hundertprozentige Sicherheit kann es nur geben, wenn man die Exponate nicht ausstellt, sondern wegschließt. Demzufolge wird es immer eine Abwägung zwischen Sicherheit und Zugänglichkeit geben müssen. Am Beginn dieser Abwägung muss eine Risikoanalyse stehen, in der die Gefahren von Diebstahl und Beschädigungen bewertet werden. Darauf fußend sind Maßnahmenkataloge zu erarbeiten und umzusetzen. Als Kriminalbeamter wünscht man sich natürlich immer ein Höchstmaß an Sicherheit. Die letztliche Beurteilung, welche Maßnahmen umgesetzt werden, muss jedoch der Betreiber treffen. Oftmals sind es schon Kleinigkeiten, die zu einer Erhöhung der Sicherheit führen, z. B. die Ausstellung eines Objektes in einer Vitrine oder hinter Glas, die einen unmittelbaren Angriff vereiteln können. Wünschenswert ist eine umfassende Videoüberwachung der Exponate. Diese kann zwar keine Tat unmittelbar verhindern, hat aber gegebenenfalls eine abschreckende Wirkung und erleichtert zumindest die Aufklärung der Tat.
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Polizei und das Landeskriminalamt erbitten von Besucher*innen, die am 3. Oktober 2020 in den Museen der Museumsinsel Berlin Beobachtungen gemacht haben, zweckdienliche Hinweise an das LKA 444 (Tempelhofer Damm 12, 12101 Berlin) unter der Rufnummer (030) 4664-944409 oder an jede andere Polizeidienststelle zu melden.