Das Projekt museum4punkt0 steht für digitale Kulturvermittlung und wurde von Mai 2017 bis Juni 2023 durchgeführt. Der Verbund vernetzte Kultureinrichtungen aus ganz Deutschland. Über Institutionsgrenzen hinweg und disziplinübergreifend entwickelten einzelne Teilprojekte digitale Angebote für neue Arten des Lernens, Erlebens und Partizipierens im Museum und teilten diese mit der Kulturerbelandschaft.
Wie aus einem Förderverbund ein deutschlandweites Netzwerk wurde, das für Wissenstransfer und nachhaltige Projektarbeit steht
In sechs Jahren entwickelte sich museum4punkt0 von einem Verbund geförderter Institutionen, die jeweils vielfältige Einzelprojekte entwickelten, zum deutschlandweiten Netzwerk für die digitale Vermittlung. Dieses Netzwerk ist der größte Schatz, den die Beteiligten gehoben haben. Der offene Erfahrungsaustausch zu allen Fragen rund um die digitale Vermittlung von Kulturerbe und das kollegiale Miteinander sind eine besondere Errungenschaft des Projekts.
Ziel von museum4punkt0 war es, Wissen zu teilen und nachhaltig zu wirken. Sämtliche Projektergebnisse werden daher aufbereitet und zur weiteren Nutzung bereitgestellt. Darüber hinaus ging es stets um den projektbegleitenden Wissenstransfer in die Kulturerbelandschaft. Diese erfolgte durch die öffentlichen Veranstaltungen, über die Projektwebsite mit dem museum4punkt0 | blog und dem museum4punkt0 | newsletter sowie Social Media und dem museum4punkt0 | workbook, einem Buch als „Werkzeugkasten“ mit Impulsen und Tools für die digitale Kulturvermittlung.
Nährboden des deutschlandweiten Verbundprojekts: Die SPK steuert museum4punkt0
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) übernahm 2017 die Aufgabe, einen Verbund aufzubauen, dessen Partnerinstitutionen mehr verbindet als eine gemeinsame Förderquelle. Ziel war es, gemeinsam den Anforderungen des digitalen Wandels in der Kultur zu begegnen und in die gesamte Kulturerbelandschaft zu wirken. Die bei der SPK angesiedelte Verbundleitung mit ihrem Team stellte den Nährboden für das wachsende Netzwerk bereit.
Von Stralsund bis Baden: Verbund mit 27 Teilprojekten
In dem zunächst auf drei Jahre angelegten Verbundprojekt wurden bis 2020 sieben Teilprojekte von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. 2021 konnte das Projekt gemeinsam mit weiteren Partnern im Rahmen von NEUSTART KULTUR fortgesetzt werden. 2022 wurden erneut neue Partnerinstitutionen aufgenommen. Damit umfasste der Verbund schließlich 27 Teilprojekte. Die Bundesförderung belief sich insgesamt auf 30 Millionen Euro.
Spiegel der deutschen Museumslandschaft
Die großartige Chance, ein Digitalprojekt im eigenen Haus zu entwickeln, teilten in museum4punkt0 ganz unterschiedliche Institutionen. Die beteiligten Museen unterschieden sich in Größe, Ausrichtung und Trägerschaft, aber auch im jeweiligen Stand der digitalen Angebote. In der letzten Förderphase waren Partnerinstitutionen unterschiedlicher Ausrichtungen aus ganz Deutschland beteiligt: Technik- und Kunstmuseen, Naturwissenschafts- und Geschichtsmuseen, ehrenamtlich geführte Brauchtumsmuseen, Freilichtmuseen, Stiftungen mit mehreren Häusern, kleinere Stadtmuseen. Darunter waren neue Häuser wie das Humboldt Forum, etablierte Einrichtungen, die Dauerausstellungen ändern, wie das Deutsche Historische Museum und das Oberhessische Museum Gießen, Häuser, wie die Museen der Schwäbisch-alemannischen Fastnacht, die den digitalen Raum neu erschließen und solche mit einer bereits fest verankerten Digitalstrategie wie das Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik.
Die Vielfalt der beteiligten Institutionen garantierte, dass von den Projektergebnissen möglichst viele andere Häuser profitieren. museum4punkt0 funktionierte aber nicht nur als Spiegel der Kulturerbelandschaft, sondern öffnete auch den Beteiligten den Blick auf Museen, mit denen es zuvor wenige Berührungspunkte gab.
Mehr als die Summe seiner Teile: SPK koordiniert und kommuniziert
Die Gesamtleitung und Verbundkoordination von museum4punkt0 wurde der SPK übertragen. Das Team um die Leitung, die „Zentrale wissenschaftliche Projektsteuerung“ war als eigenes Teilprojekt der SPK organisiert. Diesem oblagen die Administration des Projekts und die Zusammenarbeit mit der Fördergeberin, die Organisation des Miteinanders im Verbund sowie die Kommunikation des Projekts mit seinen Teilprojekten nach außen. Darüber hinaus hat das Steuerungsteam die Arbeit in den Teilprojekten inhaltlich begleitet, Tools ausgewertet und eigene Anwendungen entwickelt.
Von Prof. Dr. Markus Hilgert übernahm 2018 Prof. Monika Hagedorn-Saupe die Leitung von museum4punkt0. Johann Herzberg, Chief Information Officer der SPK, verantwortete die Gesamtleitung von museum4punkt0 ab Mai 2022 und begleitete das Projekt gemeinsam mit Freya Schlingmann als Leiterin der Zentralen Projektsteuerung auf der Zielgeraden.
Die SPK hat in dem Verbundprojekt einen wichtigen Baustein im digitalen Kulturwandel gesehen und setzte sich im Rahmen ihrer Leitungs- und Steuerungsaufgaben für die digitale Vermittlung in der deutschen Kulturerbelandschaft ein. Mit museum4punkt0 nahm die SPK in besonderer Weise ihre Verantwortung wahr, das kulturelle Erbe zugänglich zu machen.
SPK-Präsident Hermann Parzinger: „Ich freue mich, dass die SPK durch die Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Kulturinstitutionen hier ihrer gesamtstaatlichen Aufgabe erneut erfolgreich nachkommen kann. Den digitalen Kulturwandel schaffen wir nur gemeinsam.“
SPK bietet Forum zum Austausch
Mit dem Ziel einer ressourcenschonenden, kollegialen Zusammenarbeit organisierte das Steuerungsteam im Abstand weniger Wochen die Verbundtreffen der Projektpartner. Im digitalen Format berichteten die Beteiligten vom jeweiligen Arbeitsstand, diskutierten konkrete Fragestellungen aus der Praxis sowie übergreifende Themen und nahmen Input externer Expert*innen auf.
Die persönliche Begegnung auf den umschichtig in den Häusern der Projektpartner stattfindenden Verbundtreffen wurden als besonders bereichernd wahrgenommen. Zum einen bot sich die Gelegenheit, die Standorte der Verbundpartner kennenzulernen, zum anderen etablierte das Steuerungsteam Formate wie die „Kollegiale Fallberatung“, die eine lösungsorientierte, moderierte Diskussion zu einer konkreten Frage ermöglicht, oder die „Werkstattgespräche“. In den Werkstattgesprächen präsentierten die Teams ihre Projekte im jeweiligen Entwicklungsstand und kamen darüber mit den Kolleg*innen ins Gespräch. Insbesondere den in der dritten Förderphase aufgenommenen Partnern war dieser Austausch eine wesentliche Starthilfe, um in der kurzen Laufzeit ihre Projekte umzusetzen.
Die offene, vertrauensvolle Atmosphäre, der umfassende Erfahrungsaustausch und eine gelebte Fehlerkultur wurden immer wieder als besonderer Wert des Verbunds hervorgehoben: die Bereitschaft, andere in allen Fragen der Projektarbeit zu unterstützen – von technischen Herausforderungen, über das Verfassen von Anträgen und Methoden der Zielgruppenbestimmung bis hin zur Etablierung agiler Arbeitsstrukturen – wurde von den Beteiligten als keinesfalls selbstverständlich, vielmehr als vorbildhaft für funktionierende Netzwerke bezeichnet.
Leuchtturm für die digitale Kulturvermittlung
Mit museum4punkt0 leitete die SPK einen Verbund, der zu einem Leuchtturmprojekt wurde. Die innovativen Projekte der Teilprojektteams, die Vielfalt der beteiligten Institutionen und der Zusammenhalt im Verbund entfalteten immer mehr Strahlkraft. Das Interesse anderer Institutionen und von Expert*innen zeigte die Zugkraft von museum4punkt0 für die digitale Kulturvermittlung im deutschsprachigen Raum. Entsprechend des Förderziels ging es über die Entwicklung einzelner Angebote hinaus auch um die Frage, wie Museen den digitalen Wandel für sich nutzen können.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth: „museum4punkt0 hat als interdisziplinäres Ideenlabor eindrucksvoll gezeigt, wie mithilfe digitaler Technologien attraktive und barrierearme Zugänge zu Kulturangeboten geschaffen werden können. Vor allem mit dem Fokus auf die Übertragbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse auf einen größeren Kreis von Einrichtungen hat dieses Modellprojekt in besonderer Weise zum digitalen Wandel der deutschen Museums- und Kulturlandschaft beigetragen.“
Beschleuniger der digitalen Vermittlung
Das visionäre Projekt museum4punkt0 wirkte als „Beschleuniger der digitalen Vermittlung von innen“, wie während der Abschlussveranstaltung im Mai 2023 formuliert wurde. Als Beschleuniger von außen wirkte die Covid-19-Pandemie, deren Auswirkungen auf die Museen zum Start von museum4punkt0 nicht absehbar gewesen war. Die pandemiebedingten Einschränkungen bestätigten brennglasartig die Notwendigkeit digitaler Zugänge zum Kulturerbe, zeigten aber auch, dass diese mehr sein müssen als eine Übertragung des Analogen ins Digitale. Die Projekte in museum4punkt0 widmeten sich noch einmal verstärkt dem vielschichtigen Zusammenspiel analoger und digitaler Angebote und berücksichtigten die infolge der Pandemie veränderten Erwartungen der Nutzer*innen.
Strahlkraft in die Breite: Assoziierte Partnerschaften und neue Partner
In der ersten Förderphase konkretisierten sich die Projekte der sieben Partner und der Verbund wuchs zusammen. Das Interesse anderer Häuser manifestierte sich in assoziierten Partnerschaften: Deutschlandweit wurden Institutionen in das Projekt eingebunden. Die Kolleg*innen bekamen intensive Einblicke in die Arbeitsprozesse in museum4punkt0, nahmen an den internen Verbundtreffen teil und vernetzen sich mit den Verbundmitgliedern. Auch in der Schlussphase des Projekts haben sich die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg sowie ehemalige Teilprojekte als assoziierte Partner dem Projekt angeschlossen.
Der Blick der assoziierten Partner auf den Verbund führte auch zu einer Dynamisierung innerhalb: Das mit der Zeit aufgebaute Vertrauen, die Kollegialität und gegenseitige Unterstützung sowie die Erfahrungen aus der Praxis wurden schließlich als besondere Errungenschaft bewusst wahrgenommen und als hilfreiches Expert*innenwissen erkannt, das dann seine Wirkung entfaltet, wenn es mit anderen geteilt wird. 2021 wurden die zehn assoziierten Partner in die Förderung aufgenommen. Damit konnte die Zusammenarbeit intensiviert und die interdisziplinäre Verbundkompetenz als Starthilfe für eigene Projekte genutzt werden.
Vor allem erweiterte sich das Portfolio von museum4punkt0 dank der neuen Partner. Darunter sind Apps für den Berliner Stadtraum der Stiftung Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehenoder das archäologische Forschungsfeld des Varusschlacht im Osnabrücker Land Museum und Park Kalkriese, das ein neues digitales Angebot zum Erlebnisraum macht, sowie die für den Deutschen Computerspielpreis nominierte Gamestation „LEIPZIG '89 – REVOLUTION RELOADED“ der Stiftung Deutsches Historisches Museum: Spiel-Prinzipien von „Serious Games“ werden in diesem Angebot genutzt, um interaktiv die Offenheit historischer Prozesse zu vermitteln. Die Nutzer*innen können in sieben unterschiedliche Rollen schlüpfen und den Tag der Friedlichen Revolution in Leipzig am 9. Oktober 1989 durchspielen.
Die zweite Förderphase wurde zudem für die Nachnutzung und Weiterentwicklung genutzt. „Ping! Die Museumsapp“ für Android und iOS lädt ein zum Chat mit einem Objekt im Museum. Die Anwendung wurde von der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss im Rahmen von museum4punkt0 konzipiert und vom Badischen Landesmuseum weiterentwickelt. Die Adaption „Mein Objekt – Senckenberg“ für Android und iOS bietet Besucher*innen eine ungewöhnliche Entdeckungstour durch die Ausstellung des Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz, wiederum ein Verbundpartner der ersten Stunde. Doch die App ermöglicht nicht nur Chats mit Etruskern und Eichhörnchen: die Entwicklung wurde mittlerweile über den Verbund hinaus nachgenutzt, etwa vom Deutschen Technikmuseum als „Mein Objekt – Technikmuseum“ (Android und iOS) oder vom Bode-Museum als „Perfect Match! Bode-Museum“ (Android und iOS). Die Humbolt Universität entwickelte mit dem Code die App sciencely (Android und iOS). Diese verwandelt den Bahnhof der Wissenschaften Unter den Linden in Berlin-Mitte in einen Entdeckungsraum und lädt zur spielerischen Erkundung der Ausstellung der Humboldt Universität am Bahnsteig der U6 ein.
Tandem-Projekte zur Nach-, Mit- und Weiternutzung
In vier Tandem-Projekten arbeiteten ab 2022 Verbundpartner der ersten und zweiten Förderphase mit neu geförderten Institutionen zusammen. Die gemeinsamen Projekte waren gezielt auf eine nachhaltige Nachnutzbarkeit der Entwicklungen angelegt. Exemplarisch verwiesen die Tandem-Projekte zudem auf die Bandbreite von Nachnutzungsmöglichkeiten.
Das Tandem der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz mit dem Team der Museumsstiftung Post und Telekommunikation arbeitete gemeinsam an der Weiterentwicklung und Nachnutzung des digitalen Web App-Frameworks „display“ zur Darstellung von 3D-digitalisierten Sammlungsobjekten. Im Projekt „Museum INSIDE/OUT“ nutzte das Germanische Nationalmuseum die Virtual Reality-Erfahrungen des Deutschen Museums. Ziel war es, eine Extended Reality-Station einzurichten, die wiederum auf andere Museen und Zwecke übertragbar und adaptierbar ist. Daneben widmeten sich die Teams den Möglichkeiten der Telepräsenz für Besuchende an unterschiedlichen Orten, einem für beide Museen neuen Thema. In dem Tandem-Projekt VIMUKI 2.0 ging es um die Mitnutzung einer in der Breite der Kulturerbelandschaft vielversprechenden Anwendung. Die besondere Nachhaltigkeit des vom Historischen Museum Saar entwickelten Virtuellen Museums für Kinder und Jugendliche (VIMUKI) besteht darin, dass unterschiedlichste Museen und Gedenkstätten ihre Inhalte über eine technische Basis teilen können. Das Angebot an interaktiven Führungen für Schulen vergrößert sich mit jedem Museum, das die Plattform mitnutzt.
Verschiedene Möglichkeiten der Nachnutzbarkeit
Die Ergebnisse von museum4punkt0 können auf unterschiedliche Art und Weise von anderen Kulturerbeinstitutionen im Sinne einer Ressourcen- und Arbeitsreduzierung nachgenutzt werden. Im Verbundprojekt wurde darauf Wert gelegt, dass Ergebnisse nachhaltig wirken, daher wurde die Weiter- und Nachnutzbarkeit von Beginn der Entwicklung an mitgedacht. Es gibt Anwendungen, die ohne Modifikationen gezeigt und ausprobiert werden können. So sind zum Beispiel die VR-Anwendung „Virtual Reality Abenteuer Bodenleben – Den verborgenen Lebensraum Boden erleben“ und die interaktiven Exponate„Grundwasser digital“ des Senckenberg Museum Görlitz für Naturkundemuseen, die sich mit entsprechenden Themen beschäftigen, interessant. Die Anwendungen wurden schon europaweit in Ausstellungen gezeigt.
Außerdem stellten die Teams von museum4punkt0 die Source Codes der von ihnen entwickelten Apps gut dokumentiert und kostenlos zur Verfügung, sodass Apps wie zum Beispiel die bereits erwähnte App „Ping! Die Museumsapp“ für die Bedürfnisse und Inhalte der eigenen Institution adaptiert werden können. Im Fall von Ping wurde der Code der App zum Projektende bereits sechsmal nachgenutzt. Auch die Projektergebnisse wurden aufbereitet, um ausführlich über die Funktionen sowie die Nachnutzungsmöglichkeiten und den potentiellen Anpassungsaufwand zu informieren. Darüber hinaus entstanden bei museum4punkt0 verschiedene Studien wie „Vor, während und nach dem Besuch. Visitor Journeys in den Staatlichen Museen zu Berlin“, Toolkits wie zum Beispiel „Hallo Hybrid. Ein Toolkit für Macher*innen im Kulturbetrieb“ des Humboldt Forum im Berliner Schloss und Leitfäden wie „3D-Digitalisierung im Museum – Erläuterungen zu Scanverfahren und deren Anwendung“ des Deutschen Museums, die Mitarbeiter*innen aus dem Kultursektor unmittelbar nutzbare Anleitungen für eigene Projekte bieten.
Die Erkenntnisse von museum4punkt0 konnten früh von anderen Kulturerbeeinrichtungen genutzt werden: Projektbegleitend gaben die museum4punkt0-Mitarbeiter*innen regelmäßig Einblicke in ihre Arbeit. Dadurch ergab sich ein stetig wachsender Wissenstransfer, der das Ziel der breiten Nachnutzung beförderte.
Von Visionen zu konkreten Learnings
„Heute startet mit ‚museum4punkt0 – Digitale Strategien für das Museum der Zukunft‘ eines der visionärsten Vorhaben in der deutschen Museumslandschaft. In einem gemeinsamen virtuellen Experimentierraum loten die Projektpartner die Möglichkeiten und Chancen aus, die sich durch die jüngsten digitalen Technologien in Museen ergeben, und entwickeln modellhafte Anwendungen für die Vermittlungsarbeit und Besucherkommunikation.“
Die Pressemitteilung vom 8. Mai 2017 zum Start des Verbundprojektes formulierte die Visionskraft von museum4punkt0. Sechs Jahre später griff ein Poetry Slam anlässlich der finalen Werkschau des Verbundprojekts diese Visionskraft auf mit dem Tenor: Schaut her, was aus Visionen werden kann.
Wie plant man das Visionäre? Wie schreibt sich ein Projektantrag für ein Ideenlabor, einen offenen Testraum, ein Projekt, das innerhalb der bestehenden Strukturen von Kultureinrichtungen Ergebnisse erzielen muss und sich vornimmt, die dynamische technische Entwicklung für den Zugang zum Kulturerbe zu nutzen? Kulturinstitutionen brauchen Visionen, wenn sie ihre gesellschaftliche Relevanz behaupten wollen. Zugleich sind sie an Förderziele gebunden und zur Rechenschaft über die Mittelverwendung verpflichtet. Das mutige Projekt museum4punkt0 hat auch gezeigt, wie sich ein verhältnismäßig offener Experimentierraum und Synergien nutzen lassen, um konkrete Projektergebnisse zu erzielen.
Das Rad nicht neu erfinden
Besondere Herausforderungen bei der Entwicklung eines visionären digitalen Angebots waren kurze Projektlaufzeiten, die teilweise fehlende Infrastruktur in den Häusern, knappe personelle Ressourcen und die schnelle technische Fortentwicklung sowie das sich entsprechend dynamisch verändernde Nutzer*innenverhalten. Nahezu Mantra des Projekts wurde folglich, „das Rad nicht neu erfinden“.
Aus den Erfahrungen in der Konzeption und Umsetzung eines neuen digitalen Angebots kristallisierten sich projektübergreifend Leitgedanken heraus, die sich in der Praxis immer mehr bestätigten: Zentral ist es, ein zu den Inhalten, der Zielgruppe und der Infrastruktur des jeweiligen Hauses passendes digitales Angebot zu entwickeln und dabei Analoges und Digitales zusammenzudenken. Dafür ist es hilfreich, auf vorhandene Entwicklungen, insbesondere aber auf das Wissen anderer zurückzugreifen und sich zu vernetzen.
Learnings zu Methoden wie der Visitor Journey, zu Nutzer*innenverhalten, Testings, der Implementierung digitaler Angebote, zu Techniken wie Augmented Reality und Virtual Reality oder 3D-Scan-Verfahren sowie agilen Arbeitsmethoden gehen in ihrer Wirkung weit hinaus über die Nachnutzung einer einzelnen App.
Digitale Vermittlung! Aber wie? museum4punkt0 setzt Impulse
Das SPK-Team von museum4punkt0 initiierte unterschiedliche Formate, um die Learnings aus der Projektarbeit weiterzugeben. Ab 2021 richtete sich die öffentliche digitale Veranstaltungsreihe museum4punkt0 | impulse gerade auch an die Mitarbeitenden kleinerer Häuser und bot niederschwellig Einblicke in die Praxis digitaler Kulturvermittlung. Die Auftaktveranstaltung erreichte bereits weit über 150 Teilnehmende, die sich in die Diskussion einbringen und den Expert*innen aus dem Verbund Fragen stellen konnten. Das Interesse blieb groß an den Veranstaltungen beispielsweise zu ersten Schritten bei der Konzeption eines digitalen Angebots, zu Möglichkeiten von Augmented Reality oder Methoden der „Serious Games“ sowie den Wegen der Partizipation, Teilhabe und Mitgestaltung von Museen.
Die Verbundmitglieder berichteten transparent aus der Praxis von Herausforderungen, Umwegen, Erkenntnissen, Ideen und präsentierten ihre Apps auf dem jeweiligen Entwicklungsstand, weit vor deren Veröffentlichung. Die offene Diskussion, die kollegiale Atmosphäre und die Vielfalt der Teilnehmenden erzielten oft einen beidseitigen Erkenntnisgewinn. Die Veranstaltungsreihe ist ein weiteres Beispiel dafür, wie sich die SPK mit museum4punkt0 für ein gemeinsames Verständnis der digitalen Vermittlung einsetzte.
Wissenstransfer vor Ort: Symposien, Konferenzen, Workshops und Werkschauen
Die SPK hat im Rahmen ihrer Leitungs- und Steuerungstätigkeit den Rahmen für den Wissenstransfer in die Kulturerbelandschaft geschaffen: museum4punkt0 lud unter anderem 2019 zu einer „Digitalwerkstatt Museum“ ein. Das Symposium setzte sich mit Fragen zum Handwerkszeug des digital kompetenten Museums auseinander. 2021 lotete der Verbund die Möglichkeiten einer hybriden Konferenz im Humboldt Forum aus und nahm das Thema nachhaltige Nachnutzung verstärkt in den Blick.
In einer umfangreichen Werkschau 2022 im Haus Bastian – Zentrum für kulturelle Bildung präsentierten die Beteiligten ihre Entwicklungen und kamen mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth ins Gespräch, die sich in einem gemeinsamen Rundgang mit Isabel Pfeiffer-Poensgen, Kulturministerin von Nordrhein-Westfalen und Vorsitzende der Kulturministerkonferenz der Länder, und SPK-Präsident Hermann Parzinger über museum4punkt0 informierte. Die Veranstaltung rief großes Interesse hervor und bot ausgiebig Gelegenheit, die Chancen, Herausforderungen und Perspektiven der digitalen Vermittlung zu diskutieren.
Zum museum4punkt0 | finale nutzten über 400 Teilnehmende die Möglichkeit, an zwei Tagen im Berliner Kulturforum Apps auszuprobieren, sich in interaktiven Formaten auszutauschen, Gespräche mit den Expert*innen aus dem Verbund zu führen und auf dem Podium, in Workshops, an den Ständen der Teilprojekte, während der Mittagspause und nach der Veranstaltung in offener Atmosphäre zu diskutieren.
Werkzeugkiste für die digitale Kulturvermittlung: museum4punkt0 | workbook
museum4punkt0 hat gezeigt, wie hilfreich das gebündelte Wissen zur digitalen Vermittlung für andere Digitalprojekte sein kann. Um dieses Wissen noch greifbarer zu machen, hat das SPK-Team in der Schlussphase mit dem Verbund eine Publikation als umfassende „Werkzeugkiste“ für digitale Vermittlungsangebote erstellt. Unter dem Motto „Los geht`s“ bietet das museum4punkt0 | workbook Impulse und Tools. Über 50 Autor*innen aus dem Verbund teilen darin ihr Wissen, sämtliche Themen aus der Projektpraxis wurden aufbereitet, um anderen Starthilfe zu sein, Reflexionsräume zu öffnen, ein Nachschlagewerk an die Hand und Denkanstöße zu geben.
„Das Besondere ist der starke Praxisbezug des Workbooks. museum4punkt0 bündelt nicht nur Wissen und macht es nachnutzbar, sondern hat den Anspruch, einen eigenen starken Impuls in die Branche zu geben, ein Sprungbrett für den nächsten Schritt zu sein.“ Johann Herzberg, Gesamtleitung und Verbundkoordination museum4punkt0, SPK
Was bleibt? Nachhaltigkeit eines deutschlandweiten Digitalprojekts
Die SPK hat mit ihren Leitungs-, Steuerungs-, Koordinations- und Kommunikationsaufgaben in museum4punkt0 gezeigt, wie ein großes deutschlandweites Digitalprojekt nachhaltig wirkt: indem Wissen gebündelt, aufbereitet und geteilt wird. Denn nicht alle Anwendungen sind ohne größeren Anpassungsaufwand nachnutzbar. Erfahrungen aus jeder Phase der Konzeption, Entwicklung, Umsetzung und Inbetriebnahme digitaler Anwendungen sind aber eine ressourcenschonende Starthilfe. Nachnutzung – auch das hat museum4punkt0 gezeigt – bedeutet auch, Projektwissen zu erhalten und zu nutzen. museum4punkt0 hat ein beeindruckendes Portfolio digitaler Vermittlungsangebote hervorgebracht und sämtliche Ergebnisse der Projektarbeit zu Learnings, interaktiven Veranstaltungsformaten und Veröffentlichungen aufbereitet.
Mit dem museum4punkt0-Wissenstransfer hat die SPK somit eine Antwort auf die Frage der Nachhaltigkeit von Digitalprojekten gegeben. Die SPK war in museum4punkt0 Nährboden des Netzwerks, das von jedem Einzelnen der interdisziplinär und institutionenübergreifend zusammenarbeitenden Verbundmitglieder getragen wurde. Mit diesem Netzwerk und seinem weiter wachsenden Erfahrungsschatz hat die SPK die digitale Kulturvermittlung im deutschsprachigen Raum nachhaltig unterstützt.
Weiterführende Links
- Teilprojekte im Verbund museum4punkt0 https://www.museum4punkt0.de/teilprojekte/
- Ergebnisse der Teilprojekte https://www.museum4punkt0.de/ergebnisse/
- museum4punkt0 | blog https://www.museum4punkt0.de/blog/