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ForschungsFRAGEN: Papierrestaurierung

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Was bedroht Papier am meisten und wie lange hält es maximal? Wie funktioniert die Papierwaschmaschine? Was tun mit Rotweinflecken auf der mittelalterlichen Prachthandschrift? Ingrid Kohl, Leiterin des Referats Bestandserhaltung im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, beantwortet Ihre Fragen zur Papierrestaurierung.

Was bedroht Papier am meisten und wie lange hält es maximal?

Ingrid Kohl: Papier unterliegt als organisches Material natürlichen Alterungsprozessen. Je nach klimatischen Bedingungen laufen diese langsamer oder schneller ab. Es gibt jedoch verschiedene Aspekte, die die Alterung erheblich beschleunigen. So ist Papier, das etwa zwischen 1850 und 1990 hergestellt wurde, relativ kurzlebig, da es durch den sogenannten sauren Papierzerfall stärker altert als andere Papiere. Hierfür muss man sich kurz das Material Papier etwas genauer ansehen. Der Grundstoff von Papier ist Cellulose, ein langkettiges und stabiles Molekül, wenn als Ausgangsstoff reine Cellulose vorliegt. Dies ist bei alten, sogenannten Hadernpapieren der Fall. Dieses Papier wurde aus Lumpen hergestellt und beinhaltet somit lange Cellulosemoleküle aus Hanf-, Flachs- oder Leinenfasern. Im Zuge der Industrialisierung aber wurde das in großen Mengen verfügbare Ausgangsmaterial Holz als Celluloselieferant für Papier eingeführt, um den erheblich gestiegenen Papierbedarf decken zu können. Die hierin enthaltenen Cellulosemoleküle sind von vornherein viel kürzer als im Hadernpapier. Hinzu kommt eine neue Form der Papierleimung, die im Laufe der Alterung Schwefelsäure bildet, also eine starke Säure. Die natürliche Alterung des ohnehin schon schlechteren Papiers läuft durch die vorhandene Säure also noch schneller ab. In Anbetracht der massenhaften Papierproduktion ab 1850 also auch ein massenhaftes Problem in Archiven und Bibliotheken.

Nahaufnahme von Schimmel auf Papier

© GStA PK

Eine weitere weitverbreitete Bedrohung für Papier sind Mikroorganismen. Bei dauerhaft zu feuchten und warmen Klimabedingungen, ungünstigen Lagerungsbedingungen und bei Wassereinwirkung kann es zu Schimmelbildung am Papier kommen. Dieser ist nicht nur gesundheitsgefährdend sondern stellt bei längerer Wirkungsdauer eine Gefahr für die Papiersubstanz dar.

Wie lange Papier haltbar ist, hängt also stark von der Art des Papiers sowie von seinen Aufbewahrungsbedingungen ab. Ein stabiles Klima im Magazin, gute Magazinhygiene und eine Verpackung, die chemisch langzeitstabil ist, kann die Alterungsprozesse deutlich verlangsamen. Gegen den sauren Papierzerfall gibt es Entsäuerungsverfahren, die die im Papier vorhandene Säure neutralisieren und durch eine sogenannte alkalische Reserve das Papier gegen neue Säurebildung eine Zeitlang wappnen.

Wie funktioniert die Papierwaschmaschine?

Kohl: Um ehrlich zu sein, habe ich zwar von der Papierwaschmaschine gehört, aber selbst gesehen habe ich sie noch nie. Es gibt jedoch die Möglichkeit, große Mengen Papier auf einmal zu „waschen“. Wir bezeichnen das dann als Nassbehandlung, um Abbauprodukte und Verschmutzungen mit Hilfe von warmen Wasser aus dem Papier zu entfernen und dem Papier wieder mehr Festigkeit zu verleihen – quasi eine Art Wellnesskur für das Papier. Es handelt sich dann eher um große Becken, in denen das Papier mit Hilfe von eingehängten Siebtaschen gewässert wird.

Die österreichische Presse bezeichnete vor einiger Zeit eine Neuentwicklung aus Krems als „Waschmaschine“ für Bücher, wobei es sich um ein Entsäuerungsverfahren handelt (siehe Frage 1), welches nicht mit Wasser als Lösungsmittel arbeitet.

Was tun mit Rotweinflecken auf der mittelalterlichen Prachthandschrift?

Kohl: Am besten gar nichts. Denn sollte sich in einer mittelalterlichen Prachthandschrift tatsächlich eine Art Rotweinfleck befinden, dann ist dieser mit großer Wahrscheinlichkeit alt und somit Objektgeschichte. Heutzutage wird sich niemand mit einem Glas Rotwein an eine mittelalterliche Prachthandschrift setzen!


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