Ehem. Ausstellungsbereich Südsee vor dem Beginn des Umzugs der Großobjekte: Das Luf-Boot wartet sicher verpackt auf seinen Abtransport

Wenn es nicht regnet, läuft es reibungslos…

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„Eine logistische Meisterleistung“ ist mittlerweile schon fast ein geflügeltes Wort und meint den Umzug der Objekte der außereuropäischen Sammlungen von Dahlem ins Humboldt Forum. Erste Bewährungsprobe ist der Transport des Luf-Bootes am 28. Mai. Wie die Bewältigung dieser außergewöhnlichen Herausforderung aussieht, erzählt Ronald Kliemann von den Kunst- und Kulturlogistik-Spezialisten der Firma Hasenkamp.

Herr Kliemann, Hasenkamp ist ja nun schon lange im Geschäft für Kunsttransporte. Ist für Sie ein Projekt wie der Umzug der Großobjekte ins Humboldt Forum überhaupt etwas Besonderes, oder sticht es durch die Dimension – die Kiste des Luf-Boots hat eine Länge von fast 16 Metern – wird in einer und die Anzahl der Objekte heraus?

Ja, der Umzug von Kisten und Objekten dieser Größe ist etwas, das wir nicht jeden Tag machen. Von den Dimensionen ist es für mich persönlich das Größte. Ich kann natürlich nicht für ganz Hasenkamp reden, es kann gut sein, dass es schon mal so eine große Dimension gab. Aber für Berlin und für mich ist es eines der größten Projekte.

Ehem. Ausstellungsbereich Südsee vor dem Beginn des Umzugs der Großobjekte: Das Luf-Boot wartet sicher verpackt auf seinen Abtransport

Ehem. Ausstellungsbereich Südsee vor dem Beginn des Umzugs der Großobjekte: Das Luf-Boot wartet sicher verpackt auf seinen Abtransport © Stiftung Preußischer Kulturbesitz / Stefan Müchler

Wie läuft die Planung eines solchen Großprojektes ab, wann fängt man mit der Planung überhaupt an? Und welche Planungsschritte gibt es zu beachten?

Die Planung läuft seit August 2017 – wir haben also ein Dreivierteljahr Vorlauf. Zuerst muss man sich überlegen, wie die Objekte verpackt werden. Und ob der Umzug überhaupt so durchführbar ist, wie wir es uns vorstellen. In diesem Fall setzen wir einen Kran ein. Darum muss auch die Statik der Kisten genau geplant werden – natürlich immer in Rücksprache mit den Restauratoren, auch dazu, wie die Objekte in den Kisten verpackt werden könnten oder müssten. Dann muss man mit der Schreinerei reden, die die Kisten herstellt. Mit der Kranfirma muss man reden. Und sich schlau machen, wie hoch die Kisten sein können. Man darf ja nicht mit Kisten von unbegrenzter Höhe durch Berlin fahren. Und so geht das immer weiter. Das nimmt natürlich viel Zeit in Anspruch.

Es braucht also auch eine ganz enge Abstimmung mit den Restauratoren?

Auf jeden Fall. Die Restauratoren sind der erste Ansprechpartner, damit wir überhaupt wissen, wo und wie wir ans Objekt rangehen können. Bei den Booten beispielsweise mit den Segeln: Können die gedreht werden? Sonst wären die Kisten ja zehn Meter hoch. Das muss natürlich alles vorher abgesprochen werden.

Wie kann man sich praktisch die Planung der Fahrstrecke mit den ganzen Bäumen und Oberleitungen in Berlin und bei den schieren Dimensionen der Kisten vorstellen – wie lange saßen Sie daran und wer war involviert?

Das war für uns relativ einfach: Wir brauche ja eine Transportgenehmigung, die wir von den Berliner Behörden bekommen haben – und die geben uns auch die Strecke vor. Die sagen uns „ihr könnt da und da zu dem und dem Zeitpunkt langfahren“. Und ansonsten dürfen wir gar nicht fahren. Wir haben bloß eine Strecke vorgeschlagen, die wir vorher ausgemessen haben: wie hoch die Ampeln hängen, Brücken versuchen wir zu vermeiden. Aber mehr konnten wir da nicht machen. Wenn die Polizei uns einen anderen Weg vorschreibt, müssen wir den auch nehmen.

Die Kisten sind also handgefertigt und haben keine Standardmaße – was passiert denn eigentlich mit den riesigen Kisten nach dem Umzug?

Bei diesen Ausmaßen können wir sie leider Gottes nicht wiederverwenden. Wir werden bestimmt nicht wieder eine sechs mal zehn Meter Kiste brauchen. Die werden wahrscheinlich entsorgt.

Was unterscheidet ein Kunst-Großtransport von einem normalen Kunsttransport oder einem normalen Großtransport?

Egal ob groß oder klein – alle Kunsttransporte werden mit der gleichen Sorgfalt durchgeführt. Ein Unterscheid: die Großobjekte können wir nicht mit unseren eigenen LKW fahren, weil wir die da nicht reinkriegen. Ansonsten: die gleiche Sorgfalt, wie bei jedem Kunsttransport. Da muss man genauso langsam arbeiten, sich nicht hetzen lassen, lieber dreimal überlegen, wie wir es anpacken, wie wir es tragen, wo wir es abstellen usw.

Der Umzug des Luf-Bootes in Bildern

Das Luf-Boot wird für den Abtransport vorbereitet
Das Luf-Boot wird für den Abtransport vorbereitet © Stiftung Preußischer Kulturbesitz / Photothek
Verladung der Kiste auf den Tieflader © Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker
Am großen Tag läuft alles nach Plan: Mit Präzisionsarbeit wird die Kiste auf den Tieflader verladen © Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker
Historische Sepia-Fotografie eines Bootes zu Wasser (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Eine historische Aufnahme zeigt das Luf-Boot vor der hernsheimschen Handelsstation auf Matupi, 1903 © Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ethnologisches Museum/ Richard Parkinson.
Schwarz-Weiß Fotografie eines Bootes in einem musealen Ausstellungsraum (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Nach seiner Ankunft in Berlin im Februar 1904 wurde das Boot bis 1929 im Museum für Völkerkunde ausgestellt, zunächst in der Königgrätzer Straße (heute Stresemannstraße) und von 1949 bis 1955 in der Schifffahrtsausstellung Bruno-Paul-Bau in Dahlem. © Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ethnologisches Museum.
Schwarz-Weiß Fotografie eines Bootes, das in der Luft hängt und von mehreren Personen gestützt wird (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Transport des Luf-Bootes in die Gardeschützen-Kaserne, 1958: Nach einem kurzen Gastspiel im Lichthof der Museumsruine Königgrätzer Straße für zwei Jahre wurde Boot bis 1966 in die Kraftfahrzeughalle der Gardeschützen-Kaserne gebracht © Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ethnologisches Museum.
Ein Boot in einem musealen Ausstellungsraum (öffnet Vergrößerung des Bildes)
1969-70 fand der bisher letzte Umzug des Bootes statt: in der Dauerausstellung „Südsee und Australien“ in Dahlem. Dort war das Boot bis Januar 2017 zu sehen. Luf-Boot und Ausleger sind aus Holz geschnitzt und rot, weiß und schwarz bemalt. Seine Basis bildet ein mächtiger Einbaum. Die Bindungen sind aus Rotan und Kokosfaserschnur, die Fugen mit pflanzlicher Kittmasse kalfatert. Bambus, Pflanzenfaser, Federn und Textil dienen der Verzierung. Das Segel besteht aus geflochtenen Palmblattstreifen. Das Boot hat eine Länge von 15,20 und wiegt 3365 kg. © SPK / Stefan Müchler
Ein Boot in einem musealen Ausstellungsraum (öffnet Vergrößerung des Bildes)
So kennen es die Besucher des Ethnologischen Museums: Das Luf-Boot ist mit mehr als 15 Meter Länge, das größte Objekt des Ethnologischen Museums und das größte Exponat des zukünftigen Humboldt Forums und das weltweit letzte Boot seiner Art © SPK / Stefan Müchler
Ein Boot wird in einem musealen Innenraum von mehreren Personen verpackt und zum Transport vorbereitet (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Ab 2017 war es dann soweit: Für den Umzug ins Humboldt Forum wurde das Boot aufwendig abgebaut, restauriert und verpackt. © SPK/photothek.net/Thomas Koehler
Ein Boot wird in einem musealen Innenraum von mehreren Personen verpackt und zum Transport vorbereitet. Im Vordergrund sieht man eine Frau in weißer Schutzkleidung und mit blauen Handschuhen, die das Boot stützt (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Jeden Arbeitsschritt führen die Restauratoren und Restauratorinnen des Museums mit genauester Planung und professioneller Präzision durch © SPK/photothek.net/Thomas Koehler
Blick von oben in einen musealen Innenraum, in dem ein hölzernes Boot verpackt und von mehreren Personen zum Transport vorbereitet wird (öffnet Vergrößerung des Bildes)
ca. 15 Meter lang und weniger als 1,5 Meter breit: Das Luf Boot aus der Vogelperspektive © SPK/photothek.net/Thomas Koehler
Links im Bild befindet sich ein hölzernes Boot, das in einer Haltekonstruktion hängt und auf einer Kiste platziert wird, vorne rechts sieht man einen Mann in weißer Schutzkleidung (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Alles muss passen: Das Boot wird auf den Boden der Kiste gestellt. Die Kiste ist 16 Meter lang und wurde extra für den Transport hergestellt. © SPK/photothek.net/Thomas Koehler
Eine silber glänzende Röhre zieht sich durch das Bild, im Vordergrund sind mehrere technische Apparate zu sehen (öffnet Vergrößerung des Bildes)
In dieser zeppelinartigen Zelle werden die berühmten Dahlemer Südseeboote mit Stickstoff behandelt: Bevor diese ihre letzte Reise ins Humboldt Forum antreten können, steht die Entwesung an, bei der eventuelle Schädlinge unschädlich gemacht werden. © Stiftung Preußischer Kulturbesitz / Stefan Müchler
Große Holzkisten stehen in einem schwarzen Innenraum (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Bereit für den Umzug: in der ehemaligen Ausstellungshalle Südsee in Dahlem wartet die 16 Meter lange Kiste auf ihren Abtransport ins Humboldt Forum am 28. Mai 2018 © Stiftung Preußischer Kulturbesitz / Stefan Müchler
Eine große Holzkiste wird durch ein geöffnetes Rolltor nach draußen geschoben (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Am 28. Mai gegen 21:00 Uhr ist es soweit: Die Kiste wird aus der Dahlemer Halle geschoben © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker
Eine große Holzkiste wird aus einem Gebäude durch ein Rolltor nach draußen geschoben und mit Spanngurten an einem Kran befestigt, während mehrere Personen im Hintergrund das Spektakel beobachten (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Draußen wird die Befestigung für den Kran an der Kiste angebracht © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker
Eine große Holzkiste wird aus einem Gebäude durch ein Rolltor nach draußen geschoben und mit Spanngurten an einem Kran befestigt, während mehrere Personen im Hintergrund das Spektakel beobachten (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Der Kran muss die Kiste hoch über die Köpfe der Schaulustigen und Journalisten heben, sie dann drehen, um sie dann behutsam auf den Tieflader zu setzen © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker
Verladung der Kiste auf den Tieflader © Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker
Die Verladung der Kiste auf den Tieflader benötigt minutiöse Präzisionsarbeit © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker
Vor der Kulisse des nächtlichen Berlins fährt ein mit einer großen Kiste beladener LKW eine Straße entlang (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Bei seiner wohl letzten Fahrt durch Berlin passiert das sicher verpackte Luf-Boot den Potsdamer Platz © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker
Vor der Kulisse des nächtlichen Berlins fährt ein mit einer großen Kiste beladener LKW eine Straße entlang (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Gegen Mitternacht kommt der Konvoi am Humboldt Forum an © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker
Mehrere Arbeiter mit Bauhelmen beobachten, wie bei Nacht eine große Holzkiste durch die Pforte eines eingerüsteten Gebäudes gebracht wird (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Die Seitenpforte ist gerade groß genug, dass die Kiste eingebracht werden kann © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker
Eine Frau links im Bild spricht an einem Rednerpult, rechts stehen drei Männer an einem langen Tisch. Im Hintergrund sieht man die eingerüstete Fassade eines Gebäudes (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Am nächsten Morgen geht es weiter: Bei der Pressekonferenz spricht Kulturstaatsministerin Monika Grütters ein Grußwort © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker/
Mehrere Personen mit Warnwesten und Schutzhelmen stehen im Vordergrund. Sie fotografieren, wie eine große Holzkiste in einer Hebevorrichtung in eine Lücke einer eingerüsteten Wand eingebracht wird. (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Unter den Augen zahlreicher Journalisten schwebt die Kiste in einer Hebevorrichtung empor © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker
In einem hohen Raum mit eingerüsteter Wand wird eine große Holzkiste in eine Öffnung in der Wand eingebracht
Durch eine Öffnung in der Wand verschwindet das Boot. Sein vorerst letzter Aufenthaltsort wird der Kubus des Humboldt Forums, das 2019 eröffnet wird. Das Boot bleibt zunächst in der Kiste, bis die Arbeiten auf der Baustelle abgeschlossen sind. Erst wenn Staubfreiheit hergestellt ist und die Klimaanlage sowie der Brandschutz usw. funktionieren, können die Ausstellungen eingerichtet und aufgebaut werden. © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss / David von Becker

Sie meinen die Installation “Springer: Spiegelkugel” von 2013 im Rahmen des Humboldt Lab Dahlem, bei dem experimentell Ausstellungsformen für das Humboldt Forum erprobt wurden. Worum ging es dabei?

Es war ein einfaches Projekt: Ich habe eine Discokugel ins Museum gehängt. Diese wurde sehr gezielt im Raum der Südseeboote platziert, so dass die Lichtreflexe, die die Discokugel produzierte, wie jene Sterne aussahen, mit deren Hilfe die Seeleute navigieren und so neue Länder entdecken konnten. Es gab also diese Verbindung zwischen der Verspieltheit der Discokugel, die ja typisch für Berlin ist, und den Sternen, die zur Navigation benutzt wurden.

Die Objekte sind zum Teil sehr fragil und mussten monatelang restauratorisch für den Umzug vorbereitet werden. Bekommen Ihre Mitarbeiter – vom Kranlenker zum Lastwagenfahrer – besondere Schulungen, wie sie damit umgehen müssen?

Unsere Mitarbeiter werden regelmäßig geschult. Wir nehmen natürlich auch nicht jede Kranfirma, sondern haben z.B. mit der jetzigen Firma schon Erfahrungen gemacht, und wissen, dass die ordentlich mit den Dingen umgehen. Die Entwesung etc. sind alles Vorgänge, die vorher passieren. Wir sind dann für das Einpacken zuständig. Was nach dem Einpacken passiert, ist alles schon vorher geplant, so dass es im Endeffekt reibungslos funktioniert.

Die Kisten müssen ja während des Transports so abgesichert sein – vom Boden und den Temperaturen, vom Luftdruck nichts passiert. Ist es schwierig, so etwas vorherzusehen, weil man das Wetter ja nicht wirklich einkalkulieren kann?

Bei schlechtem Wetter, sprich bei Regen, fahren wir nicht. Das ist von vornherein schon geklärt worden. Kisten in dieser Größe können natürlich keine wetterbeständigen Klimakisten sein, weil die unheimlich schwer und auch unbezahlbar sind.

Wieviel Toleranz hat man gegenüber dem Wetter und wann wird entschieden, wann abgebrochen werden muss?

Auch um Kosten zu sparen, wollen wir versuchen, drei Tage vorher zu entscheiden, ob wir fahren oder nicht. Aber manchmal kommt ja ein Blitzgewitter oder ein plötzlicher Regen. Bei Regen wird prinzipiell gar nicht gefahren. Da gibt es gar keine Toleranz. Das einzige, was wir entscheiden ist, ob wir abfahren können, wenn es aufhört zu regnen. Dann stellt sich die Frage, ob wir trockenen Fußes rüber ins Humboldt Forum kommen oder nicht. Wenn das nicht der Fall ist, müssen wir den ganzen Transporttermin löschen. Wir wollen es nicht hoffen, kann aber passieren.

Worauf freuen Sie sich denn am meisten, wenn der Umzug losgeht? Und was ist ihre Sorge, was schiefgehen könnte?

Schief geht gar nix (lacht). Da will ich keinen Gedanken dran verschwenden, dass irgendetwas schiefgeht, aber wir haben auch natürlich alles vorbereitet, dass alles glatt läuft. Wir sind zufrieden, dass es jetzt endlich losgeht und Ich freue mich drauf! Das ist ein spannender Transport, den man nicht alltäglich hat und das werden aufregende Tage!

Weitere Information zum Umzug des Luf-Boots ins Humboldt Forum

News "Humboldt Forum, Ahoi" (29.05.2018)


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