Werner Knopp, ehemaliger Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Ich wollte keine Übernahme

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Werner Knopp, ehemals Präsident der Stiftung, über neue personelle Realitäten in der wiedervereinigten SPK und über prägende Bauentscheidungen am Kulturforum und auf der Museumsinsel.

Wenn ich an daran denke, wie wir die zerrissenen Sammlungen nach 1990 wiedervereinigt haben, dann muss ich zurückblicken auf die Gründung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz im Jahr 1957. Die Spaltung Deutschlands und die Auflösung Preußens durch die Siegermächte im Jahr 1947 hatten das umfangreiche Kulturerbe seines historischen Trägers entrissen und auf die beiden entstehenden deutschen Nachkriegsstaaten zerteilt. Weitere nicht unbeträchtliche Bestände befanden sich durch Auslagerung während des Krieges nach 1945 nicht mehr auf deutschem Gebiet oder wurden gar als Kriegsbeute behandelt.

1961, im Jahr des Mauerbaus, nahm die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als westdeutsche Stiftung ihre Arbeit auf. Zunächst einmal war vor allem dafür zu sorgen, dass die im Bundesgebiet verstreuten Sammlungsteile nach Berlin überführt und dort untergebracht wurden. Eine empfindliche Belastung für die Arbeit der Stiftung ergab sich sofort aus der Reaktion der DDR, die beharrlich alle vormals auf ihrem Gebiet befindlichen preußischen Sammlungsbestände für sich reklamierte.

Diese bis kurz vor dem Ende der SED-Herrschaft verfolgte Politik machte auch wegen des absoluten Kontaktverbots jede Form der Zusammenarbeit der getrennten Sammlungen untereinander unmöglich. Dieses Verbot wurde auch mit dem deutsch-deutschen Kulturabkommen im Mai 1986 nur wenig gelockert.

Das beeinträchtigte die fachliche Arbeit der Sammlungen enorm, da sich die Inventare der Staatlichen Museen und die Kataloge der Staatsbibliothek zu den Vorkriegsbeständen in Ost-Berlin befanden. Die Sammlungen im Westen hatten dazu keinen Zugang. Umso überraschender war es, wie schnell die Sammlungsteile nach dem Fall der Mauer dann doch wieder zueinanderfanden. Grund dafür war gewiss auch, dass im Bewusstsein der Menschen in Ost und West niemals das Gefühl verloren gegangen war, an einer gemeinsamen Sache mit gemeinsamen Wurzeln zu arbeiten.

Werner Knopp, ehemaliger Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Werner Knopp © SPK / Werner Amann
Luftbildaufnahme der Museumsinsel mit direkter Draufsicht
Die Museumsinsel in den frühen 1980ern: Bode-Museum, Pergamonmuseum, Alte Nationalgalerie und Altes Museum waren wieder in Betrieb. Das Neue Museum (rechts mittig) blieb weiter Kriegsruine © Zentralarchiv, SMB

Werner Knopp

Geb. 1931 in Braunschweig, verstorben 2019
Von 1977–1998 Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Schon vor der deutschen Einheit wurden daher bei den Museen und der Staatsbibliothek Konsultations- und Kooperationsabsprachen getroffen. Entscheidend für dieses rasche Zusammenwachsen war zweifellos, dass die Zusammenführung der Einrichtungen unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz noch im Einigungsvertrag geregelt werden konnte. Dass dieses nicht einer beiläufigen Protokollnotiz überlassen blieb, ist Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zu verdanken, der als Verhandlungsführer West auch Vorsitzender unseres Stiftungsrates war.

So wurde schließlich die anfangs umstrittene und auch in der späteren Entwicklung nicht allseits geliebte Stiftung Preußischer Kulturbesitz vom vermeintlichen Fossil des Kalten Kriegs zum natürlichen „Auffangbecken“ der ehemals preußischen Sammlungen. Schwierige und einschneidende Abwicklungsdebatten blieben uns erspart. Die gemeinsamen Wurzeln haben auch den Hinzugekommenen den Einstieg erleichtert.

Ich erinnere mich an einen mich sehr bewegenden Brief eines Ost-Mitarbeiters, der mir schrieb, dass er und andere sich Gedanken gemacht hätten, ob man seine Identität verlöre, wenn man mit der Bundesrepublik vereinigt würde. Aber die Stiftung habe ihnen diese Sorge genommen und mit der preußischen Tradition könnten auch DDR-Bürger leben.

Mir war wichtig, den neuen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Wertschätzung entgegenzubringen. Um einen sanften Übergang geordnet vorzubereiten, haben wir die Einrichtungen zunächst organisatorisch so belassen wie vor der Vereinigung. Zusammengeführt haben wir sie erst mit dem 1. Januar 1992. Der Charakter einer schlichten Übernahme durch den Westen wurde vermieden. In allen Fällen, in denen ein westlicher Leiter beispielsweise aus rechtlichen Gründen im Amt behalten werden musste, stellten wir ihm ein Ost-Pendant zur Seite. Auch bin ich stolz darauf, dass wir – abgesehen von einigen wenigen Fällen politischer Belastung – keine Ost-Beschäftigten entlassen mussten. Das war keineswegs selbstverständlich.

Es lag mir außerdem daran, die vereinten Sammlungen zukunftsfähig unterzubringen. Ich glaube, dass mir das in zwei wesentlichen Punkten gelungen ist: Zum einen konnte ich durchsetzen, dass die Gemäldegalerie am Kulturforum weitergebaut wurde.

Dagegen gab es teilweise heftige Widerstände bei Mitarbeitergruppen der Museen und beim Bundesrechnungshof, der beim Haushaltsausschuss des Bundestages die Baumittel gestrichen sehen wollte. Ich war – ganz unabhängig von der Frage, ob die Alten Meister endgültig auf der Museumsinsel vereint werden sollten – der entschiedenen Auffassung, dass den Museen auf der „Insel“ Grundsanierungen bevorstanden und sie durch die Schließungen zusätzlichen Raum benötigten, um weiter präsent bleiben zu können.