Josef Hofmann war einer der größten Klaviervirtuosen der Welt, der sein Publikum zur rasenden Verzückung spielen konnte. Rachmaninow widmete ihm eine Komposition, außerdem machte er sich als Erfinder einen Namen. Sein Nachlass gehört zu den Schätzen des Staatlichen Instituts für Musikforschung.
Soirée „Josef Hofmann – Wunderkind, Pianist, Erfinder“
Mit einer Soirée würdigt das Staatliche Institut für Musikforschung am 08. März 2018 Josef Hofmann als Pianist, Komponist und Erfinder. Bei der Veranstaltung werden der Nachlass und ein lebensgroßes Jugendporträt des Künstlers vorgestellt. 1937 feierte Josef Hofmann sein 50-jähriges Bühnenjubiläum in New York © National Archives and Record Administrations/NAID 541890
Soirée „Josef Hofmann – Wunderkind, Pianist, Erfinder“
Mit einer Soirée würdigt das Staatliche Institut für Musikforschung am 08. März 2018 Josef Hofmann als Pianist, Komponist und Erfinder. Bei der Veranstaltung werden der Nachlass und ein lebensgroßes Jugendporträt des Künstlers vorgestellt.
Es war einmal ein polnisches Wunderkind, das brachte mit seinem Klavierspiel die ganze Welt zum Entzücken. „Ich glaube nicht an Wunderkinder“, soll der legendäre Anton Rubinstein ausgerufen haben, „aber an dieses glaube ich.“ Das Debüt des jungen Josef in der New Yorker Metropolitan Opera 1887 löste eine Art Fieber aus, die sogenannte „Hofmann-Sucht“, die später auch Russland ergriff. In den Vereinigten Staaten musste der Elfjährige so häufig auftreten, dass die „Gesellschaft zur Verhütung von Grausamkeiten an Kindern“ besorgt intervenierte. Josef durfte von nun ab nicht mehr als vier Konzerte pro Woche geben. Der amerikanische Philantrop Alfred Corning Clark war tief beeindruckt von dem Wunderkind. Er spendete Fünfzigtausend Dollar, damit es bis zum achtzehnten Lebensjahr keine öffentlichen Konzerte mehr geben musste.
Josef Hofmann stammte aus einer Musikerfamilie in der Nähe von Krakau, „wo sein Vater Kapellmeister und Professor am Conservatorium“ war. Josefs unglaubliche Musikalität zeigte sich schon früh. In den 1880er Jahren übersiedelte die Familie nach Berlin, um die Begabung des Sohnes gezielter zu fördern. Hier nahm ihn der Berliner Impresario Hermann Wolff unter seine Fittiche. Wolff besaß einen untrüglichen Instinkt für die kommenden Stars und setzte alle Hebel in Bewegung, um „den kleinen Künstler“ bekannt zu machen. Unter den Linden, im Hotel Du Rome, dem Lieblingshotel Kaiser Wilhelm I., musste Josef mit Moritz Moszkowski, seinem neuen Lehrer, vierhändig auf Zuruf populäre Themen improvisieren. „Seit Menschengedenken“, so eine Pressenotiz, „hat keine musikalische Erscheinung eine ähnliche Sensation in Berlin hervorgebracht, wie dieser wunderbare Knabe, dessen Wesen und musikalisches Genie unwillkürlich die Erinnerung an Mozart wachrufen“.
Wichtiger als Moszkowski wurde für Hofmann der ‚Klavier-Titan‘ Anton Rubinstein, der damals in Dresden unterrichtete. Regelmäßig fuhr der 16-jährige Eleven nach Dresden, um vom großen Rubinstein den letzten Schliff zu erhalten. Pünktlich mit 18 startete Hofmann seine sagenhafte Karriere. Auch als Komponist eleganter Salonstücke trat er bald in Erscheinung. Er war ein Kassenmagnet, seine Auftritte wirkten genauso spektakulär wie die von Buffalo Bill oder dem Zauberer Houdini. Bereits mit 28 war er eine Legende: In Petersburg veranstaltete er einen Klaviermarathon von 30 Konzerten, an denen er hintereinander insgesamt 255 Werke spielte, ohne ein Stück je zu wiederholen.
Der große russische Dichter Ossip Mandelstam, der Hofmann und den Geiger Kubelik in der Saison 1903/1904 in St. Petersburg erlebte, hat den „wilden, seither nie wieder übertroffenen Wahnsinn der Konzerte Hofmanns und Kubeliks in der Adelsversammlung zur Zeit des großen Fastens“ festgehalten: „Keinerlei spätere musikalische Triumphe, die mir im Gedächtnis geblieben sind, ja nicht einmal die Uraufführung von Skriabins ‚Prometheus‘, sind mit diesen Fastenzeitorgien im weißsäuligen Saal zu vergleichen. Es ging bis zur Raserei, bis zur Verzückung.“
In Russland lernte Hofmann auch Sergej Rachmaninow kennen. Der drei Jahre ältere Komponist war fasziniert von Hofmanns souveräner Artistik. Rachmaninow widmete ihm das 3. Klavierkonzert in d-Moll Op. 30 (1909). Doch der Widmungsträger sollte es niemals spielen, mit der schlichten Begründung, „es liegt mir nicht“. Dass dieser Josef Hofmann nicht nur ein vollendeter Virtuose, sondern ebenso ein guter Segler und Tennisspieler war, imponierte Rachmaninow. Noch mehr staunte er über Hofmanns ungewöhnliche technische Begabung, von der die wenigsten wussten:
Es gab da nämlich noch einen anderen Hofmann, den vernarrten ‚Automobilisten‘ und Erfinder, der 70 Patente anmeldete – darunter ein Paar zusammenklappbare Schlittschuhe, eine Spezialtastatur fürs Klavier und eine Luftkissenfederung, die, so Philipp Metz, als die „Hofmann’sche Luftfederung bekannt und in Krankenwagen und Flugzeuge eingebaut wurde“.
1907 übersiedelte Hofmann in die Schweiz – nach dem 1. Weltkrieg in die USA. In Deutschland ist er seitdem nie mehr öffentlich aufgetreten. Auch in den USA wurde Hofmann ein Star. In der New Yorker Hall of Fame der Firma Steinway & Sons wurde er neben Horowitz, Rachmaninow und Paderewski zum „Unsterblichen“ gekürt. Und extra für Hofmann fertigte Steinway einen Flügel mit einer schmaleren Tastatur für kleinere Hände an. In den USA leitete Hofmann viele Jahre in Philadelphia das Curtis-Institut. Im November 1937 feierte er in der New Yorker Metropolitan Opera sein 50jähriges amerikanischen Bühnenjubiläum. Die Schirmherrschaft hatte der damalige Präsident der USA Roosevelt übernommen. Unter den Zuhörern befanden sich viele prominente Musiker, darunter auch Arnold Schönberg, Meister der atonalen Musik.
1946 gab Hofmann im Alter von 60 Jahren sein letztes Konzert und zog sich von den Konzertsälen der Welt zurück. 1957 starb er in Los Angeles.
Zahlreiche Notenhandschriften, Briefe und Fotografien aus dem Nachlass des großen Virtuosen gingen 2016 in den Bestand der Bibliothek des Staatlichen Instituts für Musikforschung über, wo sie erforscht werden.