Das Kulturforum ist eine städtebauliche Herausforderung, gleichzeitig verfügt es über eine einzigartige Dichte an Kultureinrichtungen. Im Interview spricht Achim Bonte, der neue Generaldirektor der Staatsbibliothek zu Berlin, über seine Visionen für den Standort.
Wo sehen Sie die größten Chancen und wo die größten Herausforderungen für das Kulturforum als Standort?
Achim Bonte: Mit seinen verschiedenen Architekturikonen, deren Zahl mit dem Museum der Moderne demnächst gewiss noch um eine weitere vermehrt werden wird, ist das Kulturforum ein einzigartiger Ort. Besonderen Stellenwert besitzt er auch durch seine geografische Lage im Herzen Berlins sowie durch das, was hier überbaut wurde: das historische Tiergartenviertel mit zahlreichen Erinnerungen an bedeutende Berliner Kultur- und Geistesgeschichte. So steht zum Beispiel die Staatsbibliothek unmittelbar auf der ehemaligen Wohnung des Publizisten Maximilian Harden. Die vielfältigen historischen Bezüge und die enge Nachbarschaft mehrerer bedeutender Gebäude und Institutionen bieten große Chancen und sind zugleich eine nicht geringe planerische Herausforderung.
Achim Bonte ist Generaldirektor der Staatsbibliothek zu Berlin
© Amac Garbe
Haben Sie eine Vision für den Ort? Was würden Sie sich für die Zukunft des Kulturforums wünschen?
Bonte: Mit Stephan Schütz von gmp Architekten teile ich unbedingt die Vision der nachhaltigen Begrenzung des Autoverkehrs, der das Kulturforum gegenwärtig in zwei Hälften teilt. Nachdem die Mauer östlich des Scharoun-Baus gefallen ist, sollte auch die ‚Mauer‘ bearbeitet werden, die die belebte Straße derzeit noch bildet. Mit dem Neubau der Straßenbahnstrecke könnte ein solches Vorhaben klug verbunden werden. Durch die Neugestaltung entstünde zweifellos eine Belebung der Freiflächen, die derzeit noch recht wenig Aufenthaltsqualität bieten.
Sind in Zukunft mehr Kooperationen unter den Anrainern geplant? Gibt es aus Ihrer Sicht Synergien, die besonders erfolgversprechend sind?
Bonte: Die Staatsbibliothek wird sich mit der beschleunigten Retrodigitalisierung, dem Ausbau digitaler Forschungswerkzeuge und der Entwicklung des Bildarchivs Preußischer Kulturbesitz zu einem offenen Bildkompetenzzentrum in den nächsten Jahren weiter als zentraler Infrastrukturdienstleister für die Stiftung profilieren. Für Digitalisierungsvorhaben bedeutet das vielfältige Anknüpfungspunkte. Inhaltlich können wir uns künftig noch stärker auf die langfristigen Ausstellungskalender der Anrainer einlassen. Auch in der Veranstaltungsarbeit sehe ich Chancen für verstärkte Zusammenarbeit. Wir ziehen gemeinsam in die Zwanzigerjahre dieses Jahrhunderts: vortreffliche Aussichten, an die kulturell goldenen 1920er anzuknüpfen.
Welche Bedeutung hat das Kulturforum als Ganzes innerhalb der Berliner Kulturlandschaft?
Bonte: Als Neu-Berliner an seinem 63. Arbeitstag kann ich das noch nicht gut beantworten. Ich wünsche mir, dass das Kulturforum mit der sonstigen Berliner Kulturlandschaft ebenso gut verdrahtet ist, wie das inzwischen für die Beziehung unseres Hauses Potsdamer Straße mit dem Stammhaus Unter den Linden gilt, und zugleich eine möglichst starke Marke wird.
Das Kulturforum muss in Berlin mit attraktiven Standorten wie der Museumsinsel konkurrieren – wo sehen Sie seine Alleinstellungsmerkmale?
Bonte: Die Museumsinsel umfasst Museen. Das Kulturforum integriert mit dem Ibero-Amerikanischen Institut und dem Staatlichen Institut für Musikforschung renommierte Forschungsinstitute, die größte wissenschaftliche Bibliothek Deutschlands sowie ebenfalls sehr bedeutende Museen. Das Labor der SPK, die in der Stiftung möglichen Mehrwerte für eine spartenübergreifende Zusammenarbeit und institutionellen Austausch, sind im Kulturforum gewiss leichter herzustellen als anderenorts. Die nach über 40 Jahren intensiver Nutzung vorbereitete Grundinstandsetzung des Scharoun-Baus der Staatsbibliothek wird dem Laborcharakter und der Community-Bildung im Kulturforum definitiv weiteren Auftrieb geben.