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„Das nächste Kapitel im Buch der wiederhergestellten Menschlichkeit und der Entkolonialisierung“: Menschliche Überreste kehren nach Hawai'i zurück

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Die SPK gab am 11. Februar 2022 menschliche Überreste aus der Sammlung des Museums für Vor- und Frühgeschichte nach Hawaii zurück. Edward Halealoha Ayau, Vertreter des Office of Hawaiian Affairs (OHA), erklärt, was iwi kūpuna sind und was ihre Rückkehr nach Hawaii bedeutet

Was geschieht mit den Überresten der Vorfahren, wenn sie wieder in Hawaii sind?

Edward Halealoha Ayau: Das ist nur insofern eine schwierige Frage, als die Antwort auf der Hand liegt. Die iwi kūpuna (Überreste von Ahnenskeletten) werden so nahe wie möglich an dem Ort bestattet, von dem sie ursprünglich gestohlen wurden. Auch wenn wir nie in der Lage sein werden, diese Ahnen vollständig und mit ihrem ganzen Körper an genau den Ort zurückzubringen, an dem ihre Familien sie zeremoniell für das, was sie für die Ewigkeit hielten, beigesetzt haben, werden wir sie zeremoniell und mit Aloha und Respekt zurück in den Schoß von Papahānaumoku, unserer Erdmutter, überführen, damit sie ihre Reise nach , der Dunkelheit, die der Ort der Ehre für die Verstorbenen ist, fortsetzen können.

Vier Personen stehen mit geschlossenen Augen vor einem mit schwarzen Tuch bedeckten Tisch

Zeremonie bei der Übergabe der Human Remains © SPK/photothek.net/Felix Zahn

Welche Tradition steht hinter den iwi kūpuna?

Die Tradition der iwi kūpuna ist dieselbe wie bei den Lebenden – sie basiert auf Aloha und Schutz –, die beide verletzt wurden, als die iwi kūpuna unrechtmäßig erworben und von ihrem Bestattungsort entfernt wurden. Die Beziehung zwischen den Lebenden und den Verstorbenen lässt sich am besten als wechselseitige Abhängigkeit beschreiben, bei der jeder auf den anderen angewiesen ist, um gegenseitige Fürsorge, Schutz und Nutzen zu erhalten. Wir, die Lebenden, sind verpflichtet, uns um diejenigen zu kümmern, die sich vor uns um uns gekümmert haben und nun verstorben sind, und die kūpuna sind verpflichtet, sich um uns zu kümmern und uns die Werkzeuge zu geben, die wir in unserem Leben brauchen, darunter 'ike (Wissen), ikaika (Stärke), akamai (Intelligenz), maopopopono (wahres Verständnis), 'ike pāpālua (Wege der Kommunikation mit unseren Vorfahren) und mana (spirituelle Essenz, Kraft).

    Eine Frau spricht bei der Zeremonie, vor ihr ist der mit schwarzem Tuch bedeckte Tisch
    Kalehua Kamoali‘i Caceres spricht bei der Zeremonie © SPK/photothek.net/Felix Zahn
    Ein Mann steht andächtig vor dem mit schwarzem Tuch bedeckten Tisch
    Edward Halealoha Ayau vor den iwi kūpuna © SPK/photothek.net/Felix Zahn

    Welche Bedeutung hat diese Rückkehr für Sie?

    Die Bedeutung aller Rückführungen ist der Ausdruck von kuleana (Verantwortung, Pflicht), unser angestammtes Fundament wiederherzustellen, damit unsere lāhui (hawaiianische Nation) und unsere 'ohana (Familien) wieder aufrecht stehen, gute Entscheidungen treffen und in unseren Gedanken, Worten und Taten auf die hohe Ebene der Existenz zurückkehren können. Diese Rückführungen sind ein tiefer Ausdruck unserer hawaiianischen Menschlichkeit, die das Aloha für unsere 'ohana in den Vordergrund stellt. Es ist auch eine ausgezeichnete Lektion für unsere keiki (Kinder) und mo'opuna (Enkelkinder), wie wir die iwi kūpuna, die gestört wurden, behandeln und die heilige Pflicht verstehen, sie an Ort und Stelle zu schützen.

    Die Bedeutung dieser Rückkehr liegt darin, dass sie das nächste Kapitel im Buch der wiederhergestellten Menschlichkeit und der Entkolonialisierung in den Beziehungen zwischen dem hawaiianischen Volk und dem deutschen Volk darstellt. Das erste Kapitel dieses Buches wurde im Oktober 2017 geschrieben und beinhaltete die Rückführung von 3 iwi kūpuna aus dem Dresdner Museum für Völkerkunde. Ein hohes Maß an Respekt und Liebe durch deutsche Mitarbeiter*innen wurde an diesem Tag in Dresden zum Ausdruck gebracht und von unserer hawaiianischen Delegation zehnfach anerkannt und zurückgegeben, wie es auch jetzt im Übersee-Museum in Bremen, der Georg-August-Universität in Göttingen, der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, dem Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin und dem Naturhistorischen Museum in Wien, Österreich, geschehen wird.


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